Rz. 469

Erforderlich ist allerdings die Beschwerdeberechtigung im Sinne des § 59 FamFG. Hat der Beschwerdegegner im Ausgangsverfahren sein rechtliches Ziel vollumfänglich erreicht und kann er auch einen nachträglich erhöhten Unterhaltsbedarf nicht geltend machen, so ist für eine Anschlussbeschwerde kein Raum. Die Anschlussbeschwerde muss also mehr erstreben als nur die reine Zurückweisung des Hauptrechtsmittels. In diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn vielfach darauf hingewiesen wird, dass eine formelle Beschwer für die Anschlussbeschwerde nicht erforderlich sei.[666]

 

Rz. 470

 

Praxistipp

Die Zielsetzung einer Anschlussbeschwerde ist in der Regel, das Verbot der reformatio in peius aufzuheben (vgl. § 117 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 528 ZPO), das heißt für den Beschwerdeführer das Risiko zu eröffnen, dass das Beschwerdeverfahren auch zu seinem Nachteil ausgehen kann.

Beispiel: Hat die Antragstellerin im Unterhaltsverfahren beim Familiengericht einen Unterhalt von 500 EUR (statt der beantragten 1.000 EUR) zugestanden bekommen und legt hiergegen Beschwerde ein, so kann das Beschwerdegericht aufgrund der Vorschrift der § 117 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 528 ZPO den bereits vom Familiengericht zugestandenen Unterhalt von 500 EUR nicht reduzieren. Legt aber der Antragsgegner eine Anschlussbeschwerde mit dem Ziel ein, keinen Unterhalt entrichten zu müssen, so ist dies möglich, weil das Verschlechterungsverbot nunmehr nicht mehr gilt.

Insoweit wird häufig auch im Zusammenhang mit der Anschlussbeschwerde dargestellt, diese sei kein echtes Rechtsmittel, sondern nur ein Angriff im Rahmen der fremden Hauptbeschwerde.

Eine unzulässige Hauptbeschwerde (etwa wegen Versäumung der Beschwerdefrist nach § 63 Abs. 1 FamFG) kann in eine Anschlussbeschwerde umgedeutet werden.[667]

[666] Ausführlich dazu SBW/Roßmann, § 66 Rn 12, 13.
[667] Vgl. dazu auch BGH NJW 2003, 2388.

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