Rz. 288

Die Abänderung einer Unterhaltsentscheidung ist begründet, wenn sich die nach § 238 Abs. 1 S. 2 FamFG vorzutragende wesentliche Veränderung der vorausgegangenen Entscheidung zugrundeliegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse bestätigt. Dabei können naturgemäß nur Tatsachen berücksichtigt werden, die nicht nach § 238 Abs. 2 FamFG ausgeschlossen sind.[388] Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die vorausgegangene Entscheidung nach § 238 Abs. 4 FamFG ist unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen.

Fraglich ist dabei die Behandlung von Unterhaltsentscheidungen, bei denen eine Begründung nicht erfolgt und insoweit die Grundlagen der Entscheidung nicht entnommen werden können, wie bei Versäumnis- und Anerkenntnisbeschlüssen.

 

Rz. 289

Teilweise[389] wird vertreten, für die Abänderung eines Versäumnisbeschlusses sei nicht von den tatsächlichen Verhältnissen bei Erlass des Beschlusses, sondern von den fingierten Verhältnissen auszugehen. Der Versäumnisbeschluss beruhe allein auf dem schlüssigen Klägervortrag und nur dieser liege wegen der Geständnisfiktion des § 331 Abs. 1 S. 1 ZPO dem abzuändernden Versäumnisbeschluss zugrunde. Nach anderer Auffassung[390] ist auch für die Abänderung eines Versäumnisbeschlusses auf eine Änderung der tatsächlichen Umstände abzustellen. Nur eine Abänderung der tatsächlichen Verhältnisse könne eine Abänderung des Versäumnisbeschlusses unter Wahrung seiner Grundlagen nach § 238 Abs. 4 FamFG rechtfertigen und dabei zugleich die Rechtskraft der abzuändernden Entscheidung wahren.

 

Rz. 290

Der BGH[391] schloss sich zunächst für eine Änderung der Einkommensverhältnisse der zuletzt genannten Auffassung an. Nur diese wahrt bei der Abänderung eines Versäumnisurteils wegen veränderter Einkommensverhältnisse die Rechtskraft des abzuändernden Versäumnisbeschlusses. In Fortführung dieser Ansicht stellt der BGH[392] nunmehr auch bei einer Änderung der Vermögensverhältnisse, soweit diese für die Berechnung des Unterhalts maßgeblich waren, auf die tatsächlichen Verhältnisse ab.

Der BGH[393] begründet seine Rechtsansicht damit, dass die Zulässigkeit des Abänderungsantrags in untrennbarem Zusammenhang zur Präklusion nach § 238 Abs. 2 FamFG steht. Weil der Abänderungsantrag nur auf Gründe gestützt werden kann, die nicht mehr durch einen Einspruch gegen den Versäumnisbeschluss geltend gemacht werden können, können andere Gründe auch keine Zulässigkeit des Abänderungsantrags rechtfertigen. Diese Konsequenz beruht auf dem Gedanken der Rechtskraft und der daraus folgenden Präklusion nicht rechtzeitig vorgetragener Umstände. Wie bei einem streitigen Beschluss können Versäumnisse in dem Ausgangsverfahren auch im Falle eines Versäumnisbeschlusses nicht später im Wege der Abänderung korrigiert werden. Um die Rechtskraft des Versäumnisbeschlusses zu wahren, kann es sich bei den tatsächlichen Verhältnissen, die ihm i.S.d. § 238 Abs. 1 FamFG zugrunde liegen, also nicht um die vom Antragsteller vorgetragenen Umstände, sondern nur um die seinerzeit tatsächlich vorliegenden Umstände handeln. Nur in dem Umfang, in dem sich die tatsächlichen Verhältnisse bei Ablauf der Einspruchsfrist inzwischen geändert haben, ist eine Abänderung des rechtskräftigen Versäumnisbeschlusses möglich.

 

Rz. 291

Auch die materielle Rechtskraft eines im Unterhaltsverfahren ergangenen Anerkenntnisbeschlusses führt grundsätzlich zur Bindungswirkung; wird die Abänderung eines solchen Beschlusses verlangt, so kommt es für die Frage, ob eine wesentliche Veränderung der maßgeblichen Verhältnisse eingetreten ist, auf die dem Anerkenntnisbeschluss zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände an.[394] Diese Umstände können im Fall eines Anerkenntnisbeschlusses nicht ohne weiteres dem Antragsvorbringen entnommen werden, denn die Erwägungen, die den Unterhaltsschuldner zu dem Anerkenntnis bewogen haben, können hiervon abweichen. Er hat sich letztlich nur dem geltend gemachten Anspruch gebeugt, woraus aber nicht darauf geschlossen werden kann, dass er auch der Beurteilung der zur Begründung vorgetragenen Tatsachen folgt. Welche Beweggründe den Unterhaltsschuldner zu dem Anerkenntnis veranlasst haben, wird häufig nicht ersichtlich sein. Wenn es für die Frage, ob eine Änderung der maßgeblichen Verhältnisse vorliegt, gleichwohl hierauf ankäme, könnte der Unterhaltsschuldner unschwer mit einem Abänderungsbegehren durchdringen, ohne dass der Unterhaltsgläubiger dem Erhebliches entgegenhalten könnte. Deshalb können nur die dem Anerkenntnisbeschluss zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände dafür maßgebend sein, ob sich nachträglich eine Veränderung ergeben hat.[395]

 

Rz. 292

Lässt sich die Berechnung des titulierten Unterhalts unter Zugrundelegung der verschiedenen Faktoren nicht nachvollziehen und ist deshalb eine Anpassung des Anerkenntnisbeschlusses an zwischenzeitlich geänderte Verhältnisse nicht möglich, so ist der geschuldete Unterhalt nach den gesetzlichen Vorschriften neu zu berechnen.[396]

[388] BT-Drucks 16/6308, S. 257.

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