(1) Fehlende Verbindung zu einem öffentlichen Weg

 

Rz. 46

Zunächst muss dem Baugrundstück eine Verbindung zu einem öffentlichen Weg fehlen.

Einem Grundstück fehlt beispielsweise die Verbindung, wenn es von einem öffentlichen Weg vollständig abgetrennt ist (z.B. ein hinterliegendes Grundstück).

(2) Ordnungsgemäße Benutzung des verbindungslosen Grundstücks

 

Rz. 47

Ob eine ordnungsgemäße Nutzung des hinterliegenden, einen Notweg begehrenden Grundstücks gegeben ist, misst sich an den objektiv zu beurteilenden faktischen Bedürfnissen einer praktischen Wirtschaft. Das Grundstück ist "seiner Natur nach" zu betrachten. Nach der Rechtsprechung ist das Notwegrecht zu bejahen, wenn der Eigentümer die Benutzungsart seines Grundstücks erst ändert und dann dadurch eine Inanspruchnahme der benachbarten Grundstücke erforderlich werden sollte. Die nunmehr gewählte Nutzungsart (z.B. auch Bebauungsweise) muss nach vernünftigen Erwägungen den naturgegebenen Verhältnissen des Grundstücks entsprechen. Dies wird im Regelfall bei Baumaßnahmen kein Problem darstellen.[22]

[22] MüKo/Brückner, § 917 Rn 9 f.

(3) Notwendigkeit der Nutzung des Verbindungsgrundstücks

 

Rz. 48

An die Notwendigkeit sind aufgrund der schwerwiegenden Folgen des Eingriffs in das Eigentumsrecht des Nachbarn strenge Anforderungen zu stellen. Allein Gründe der Zweckmäßigkeit oder Bequemlichkeit des Bauherrn sind nicht ausreichend. Es darf also keine – wenn auch ggf. teurere – Alternative geben, die der Bauherr fruchtbar machen könnte. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung ist im Streitfall derjenige der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung. So wird man beispielsweise eine Notwendigkeit des Antransports von Baugeräten und Materialien zu einer Baustelle auf einem hinterliegenden Grundstück annehmen können, wenn dies über einen öffentlichen Weg nicht möglich ist. Dies gilt zumindest für die Zeit der Baustellentätigkeit. Ebenso ist regelmäßig die Zulässigkeit eines Leitungsnotwegs für Ver- bzw. Entsorgungsleitungen anzunehmen, wenn eine Verbindung zu einem Ver- bzw. Entwässerungsnetz anderweitig nicht erreicht werden kann.

(4) Berechtigte und Verpflichtete

 

Rz. 49

Notwegberechtigt ist der Eigentümer des hinterliegenden (Bau-)Grundstücks sowie Inhaber grundstücksgleicher Rechte. Das Notwegrecht soll einer Notlage eines hinterliegenden Grundstücks abhelfen; deshalb steht dem Eigentümer ein solches Notwegrecht auch dann zu, wenn er die Benutzung Dritten (z.B. einem Bauunternehmer) überlässt.[23] Duldungsverpflichtet ist der Eigentümer des in Anspruch genommenen Notweggrundstücks, das der Verbindung mit dem öffentlichen Weg entgegensteht.

[23] BGH v. 10.7.1973 – V ZR 32/62 – NJW 1963, 1917.

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