Rz. 72

Wie bereits erwähnt, gehört die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Testamentsvollstrecker persönlich nicht zu § 2213 BGB. Dies liegt insbesondere dann vor, wenn keine Amtshandlung von ihm begehrt wird.

I. Klagen der Erben gegen den Testamentsvollstrecker persönlich

 

Rz. 73

Um persönliche Klagen gegen den Testamentsvollstrecker, die nicht unter § 2213 BGB fallen, handelt es sich z.B. bei:

Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach § 2219 BGB,
Ansprüche auf Herausgabe von Gegenständen, die der vermeintliche Testamentsvollstrecker an sich genommen hat,
Klagen wegen Erstattung von Beträgen, die der Testamentsvollstrecker zu Unrecht dem Nachlass entnahm, z.B. als vermeintlicher Vermächtnisnehmer,
Klage auf Herausgabe der Erbschaft nach Beendigung der Testamentsvollstreckung nach §§ 2218, 667 BGB,
Anspruch aus § 2287 BGB, den der Testamentsvollstrecker als gewillkürter Prozessstandschafter des Erben geltend macht,[144]
Feststellungsklage, ob Ernennung des Testamentsvollstreckers wirksam,[145]
Feststellungsklage, ob Amt des Testamentsvollstreckers beendet ist,
Sämtlich Klagen, wenn die Anstellung des Testamentsvollstreckers und seine Befugnisse streitig sind.[146]

Die Klage ist dann gegen den Testamentsvollstrecker persönlich zu richten.

 

Rz. 74

Für eine Klage der Erben gegen den Testamentsvollstrecker auf Feststellung, dass dessen Verfügungen über Nachlassgegenstände unwirksam sind, fehlt es den Erben trotz der Testamentsvollstreckung nicht an der notwendigen Prozessführungsbefugnis. Eine solche negative Feststellungsklage stellt aus der Sicht des Nachlasses einen Passivprozess i.S.v. § 2213 BGB dar.[147]

 

Hinweis

Das Rubrum lautet also z.B. lediglich:

(…)

gegen

den Rechtsanwalt R (…)

[144] Garlichs, ZEV 1996, 449; Tietdke, JZ 1981, 429.
[145] Staudinger/Reimann, § 2213 Rn 3.
[146] Vgl. J. Mayer, in: Mayer/Bonefeld, § 9 Rn 113.

1. Beispiel einer Klage gegen den Testamentsvollstrecker persönlich – Haftungsklage gegen Testamentsvollstrecker

a) Grundlagen der Haftung des Testamentsvollstreckers

 

Rz. 75

Hat der Testamentsvollstrecker eine schuldhafte Pflichtverletzung begangen, so kann er nach § 2219 BGB haften.

Handelt es sich bei dem Testamentsvollstrecker um eine Person mit besonderen Qualifikationen, wie z.B. die eines Rechtsanwaltes, ist der Maßstab dieses Berufes ausschlaggebend.

Ist der Testamentsvollstrecker Berufsträger, wie Rechtsanwalt, Notar oder Steuerberater etc., ist fraglich, ob nicht auch besondere berufsrechtliche Haftungsnormen wie § 19 BNotO anzuwenden sind. Als Grundlage für die Abgrenzung dient hierbei § 1835 Abs. 3 BGB. Danach haftet der Anwalts-Testamentsvollstrecker nach den Vorschriften der BRAO für einen Prozess mit Anwaltszwang. Hingegen haftet er nach § 2219 BGB, wenn er eine Tätigkeit ausübt, die jedermann ausüben kann.[148]

Auch wenn den Testamentsvollstrecker selbst kein Verschulden trifft, haftet er für das Verschulden im Zuge zu seinen Hilfskräften nach §§ 2218, 664, 278 BGB. Ferner kann ihn ein Überwachungsverschulden treffen, wenn er Fachkräfte, wie z.B. einen Steuerberater für die Steuererklärung hinzuzieht und den Fehler des eingeschalteten Beraters bei zumutbarer Aufmerksamkeit hätte erkennen und verhindern können.[149]

 

Rz. 76

Neben einer Haftung aus § 2219 BGB kommt als Haftungsgrundlage ggf. auch §§ 823 ff. BGB in Frage, wenn eine unerlaubte Handlung vorliegt. Allerdings führt § 2219 BGB zu einer weitreichenden Haftung, die auch bei Fahrlässigkeit des Testamentsvollstreckers die Haftung für Vermögensschäden umfasst. Ferner ist die Haftungsnorm des § 69 AO bei der Verletzung steuerlicher Pflichten des Testamentsvollstreckers zu beachten.

Der Testamentsvollstrecker haftet zunächst gegenüber dem Erben und dem Vorerben. Der Nacherbe wird erst mit Eintritt des Nacherbfalls zum Erben und ist somit noch nicht Haftungsgläubiger aus § 2219 BGB.[150] Bei mehreren Erben sind diese Gesamtgläubiger des Haftungsanspruches. Wurde allerdings nur ein Erbe geschädigt, so steht ihm auch nur das alleinige Recht zur Geltendmachung des Haftungsanspruches zu.[151]

Neben den Erben haftet der Testamentsvollstrecker auch dem Vermächtnisnehmer, soweit er ein Vermächtnis zu vollziehen hat.[152]

 

Rz. 77

Gegenüber allen anderen übrigen Nachlassbeteiligten, wie z.B. den Pflichtteilsberechtigten oder Auflagenbegünstigten, besteht keine Haftung nach § 2219 BGB.

 

Rz. 78

Eine eigene Haftung des Erben ist ggf. über § 278 BGB möglich, wenn der Testamentsvollstrecker eine Pflicht schuldhaft verletzt hat. In einem derartigen Fall hat aber der Erbe Anspruch auf Haftungsbefreiung gegenüber dem Testamentsvollstrecker.

Für die Dauer der Haftung gibt es keine zeitliche Begrenzung. Dabei gilt aber folgende Differenzierung:

 
Status Haftungsnorm
Tätigkeit vor Annahme der Testamentsvollstreckung § 2219 BGB analog
Tätigkeit nach Beendigung der Testamentsvollstreckung Handlungen sind unwirksam. Bei unaufschiebbaren Handlungen aber § 2219 BGB analog
Nach Tod des Testamentsvollstreckers §§ 2218 Abs. 1, 673 S. 2 BGB§ 2219 BGB analog
Vermeintlicher Testamentsvollstrecker § 2219 BGB analog
 

Rz. 79

Eine Befreiung von der Haftung durch den Erblasser im Rahmen einer letztwilligen Verfügung ist nicht möglich. Der Erbe...

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