Rz. 80

Die Haftung des Testamentsvollstreckers hat mehrere Voraussetzungen:

objektive Verletzung der ihm obliegenden Verpflichtung,
subjektives Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit),
haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität.

Die vom Testamentsvollstrecker zu beachtenden Pflichten ergeben sich sowohl aus dem Willen des Erblassers, als auch aus dem Gesetz gem. § 2216 Abs. 1 BGB (ordnungsgemäße Verwaltung).

Die Beweislast für eine nicht in einer Verfügung von Todes wegen niedergelegten Willensäußerung trägt der Testamentsvollstrecker.[155]

Etwaige Weisungen der Erben spielen keine Rolle.[156]

Ob Tatsächlich eine Pflichtverletzung vorliegt, hängt wiederum von den Aufgaben des Testamentsvollstreckers ab, die ihm vom Erblasser zugedacht wurden.

Haben sich die Umstände nach dem Erbfall geändert, ist auf den mutmaßlichen Willen des Erblassers abzustellen hilfsweise auf die allgemeine Lebenserfahrung. Insgesamt ist der Testamentsvollstrecker zu besonderer Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt verpflichtet.[157]

 

Rz. 81

Eine objektive Pflichtverletzung kann in folgenden Fällen[158] vorliegen:

Keine ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses
Nichtbeachtung der Verkehrssicherungspflicht bei Grundstücken
Fehlende Tätigkeit des Testamentsvollstreckers
Fehler bei der Geldanlage
Fehlerhafte Erstellung der Erbschaftsteuererklärung
Unterlassen der Erbauseinandersetzung ohne Grund
Verspätete Klageerhebung und damit bedingter Verjährungseintritt
Erfüllung unwirksam angeordneter Vermächtnisse
Öffentliche Versteigerung statt günstigerem freihändigen Verkauf[159]
Unterlassen von gerechtfertigten Mieterhöhungen
Unterlassen von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen
Bewilligung einer Vormerkungslöschung, ohne dass die gesicherte Leistung erbracht wurde[160]
Einreichen haltloser Klagen[161]
Erkennbar überflüssige und leichtfertige Prozessführung[162]
Einlegen unsinniger Rechtsmittel.
 

Rz. 82

Hinsichtlich des Verschuldens fehlt es an einer Sonderregelung für den Testamentsvollstrecker, so dass ein Rückgriff auf § 276 BGB erfolgt. Danach haftet der Testamentsvollstrecker für Vorsatz oder leichte, mittlere bzw. grobe Fahrlässigkeit. Somit haftet er nicht nur für die Sorgfalt, die er in seinen eigenen Angelegenheiten zu beachten pflegt. Sofern eine bestimmte sorglose Handhabung verkehrsüblich ist, entlastet das den Testamentsvollstrecker nicht.[163] Es gilt ein objektiver Sorgfaltsmaßstab, wobei im Hinblick auf die Vertrauensstellung des Testamentsvollstreckers hohe Sorgfaltsanforderungen zu stellen sind.[164]

Als weitere Voraussetzung einer fahrlässigen Handlung ist die Vorhersehbarkeit eines schädigenden Erfolges, wobei der konkrete Ablauf der Schadensentwicklung nicht vorhersehbar gewesen sein muss. Dabei hat aus der Sicht des damals zur Handlung berufenen Testamentsvollstreckers für die Beurteilung seines Verschuldens eine "Ex-Ante-Betrachtung" zu erfolgen.[165]

 

Rz. 83

Wie bei jedem Schadensersatzanspruch muss auch die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität gegeben sein. Dementsprechend muss der Fehler des Testamentsvollstreckers für die Rechtsgutverletzung ursächlich sein und einen Ursachenzusammenhang zwischen Rechtsgutverletzung und dem geltend gemachten Schaden bestehen. Dabei ist von besonderer Bedeutung den Problemkreisen "Zurechnungszusammenhang und rechtmäßiges Alternativverhalten" zu, für deren Lösung es insbesondere auf den Schutzzweck der Norm ankommt.[166]

[155] Müller, in: Bengel/Reimann, Kapitel XII Rn 34; J. Mayer, in: Mayer/Bonefeld, § 21 Rn 2.
[156] MüKo/Zimmermann, § 2219 Rn 12.
[158] Auflistung nach Zimmermann, Testamentsvollstreckung, Rn 770.
[159] OLG Saarbrücken JZ 1953, 509.
[160] OLG Hamm FamRZ 1995, 696.
[161] BGH WM 1967, 29.
[162] BGH ZEV 2000, 195.
[163] Zimmermann, Testamentsvollstreckung, Rn 772.
[164] MüKo/Zimmermann, § 2219 Rn 11.
[165] Palandt/Grüneberg, § 276 Rn 20; J. Mayer, in: Mayer/Bonefeld, § 21 Rn 10.
[166] J. Mayer, in: Mayer/Bonefeld, § 21 Rn 11; Müller, in: Bengel/Reimann, Kapitel XII Rn 56 ff.

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