Rz. 110

Die Beteiligungsrechte der Interessenvertretungen der Beschäftigten bleiben gem. § 26 Abs. 6 BDSG unberührt.

§ 26 Abs. 6 BDSG hat den Inhalt von § 32 Abs. 3 BDSG a.F. im Sinn einer klarstellenden Funktion übernommen (BT-Drucks 18/11325, 97). Der Norm kommt jedoch kein Regelungsgehalt zu, der die Datenverarbeitung durch Arbeitgeber oder Betriebsrat tatbestandlich eigenständig erlaubt (BAG v. 9.4.2019 – 1 ABR 51/17, Rn 23; BAG v. 7.5.2019 – 1 ABR 53/17, Rn 36). Mit ihr ist vielmehr ausgedrückt, dass sich der Beschäftigtendatenschutz nach § 26 BDSG und der im kollektiven Arbeitsrecht durch die Beteiligungsrechte der Interessenvertretungen der Beschäftigten flankierte Beschäftigtendatenschutz ergänzen (BAG v. 9.4.2019 – 1 ABR 51/17, Rn 23). Die kollektiven Beteiligungsrechte werden weder eingeschränkt noch werden sie erweitert (BAG v. 9.4.2019 – 1 ABR 51/17, Rn 23). Die Ausübung von Beteiligungsrechten ist somit zum einen datenschutzrechtlich nicht von vornherein unzulässig, weil sie mit der Verarbeitung personenbezogener Daten einhergeht; zum anderen müssen die Betriebsparteien in einem derartigen Fall aber auch die Anforderungen des Datenschutzes beachten (BAG v. 9.4.2019 – 1 ABR 51/17, Rn 23).

 

Rz. 111

Umfasst beispielsweise ein allgemeiner Auskunftsanspruch des Betriebsrats nach § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG eine besondere Kategorie personenbezogener Daten, ist Anspruchsvoraussetzung, dass der Betriebsrat zur Wahrung der Interessen der von der Datenverarbeitung betroffenen Arbeitnehmer angemessene und spezifische Schutzmaßnahmen trifft (BAG v. 9.4.2019 – 1 ABR 51/17, Ls.).

 

Rz. 112

Der Betriebsrat hat die Möglichkeit, aufgrund verschiedener Normen im BetrVG Betriebsvereinbarungen mit beschäftigtendatenschutzrechtlichem Bezug durchsetzen. Im Hinblick auf die Einführung technischer Einrichtungen, die auch das Verhalten von Beschäftigten überwachen können, greift § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ermöglicht Mitbestimmung bei Verhaltensregeln zu Datenschutzfragen und §§ 94 und 95 BetrVG sind im Hinblick auf die Mitbestimmung bei der Aufstellung von Personalauswahl- und Beurteilungsgrundsätzen einschlägig. Zudem können nach § 88 BetrVG freiwillige (Rahmen-)Betriebsvereinbarungen zur Verarbeitung personenbezogener Beschäftigtendaten zwischen den Betriebspartnern geschlossen werden.

 

Rz. 113

Ungeklärt ist allerdings nach wie vor, in welchem Umfang der Betriebsrat den Regelungen der DSGVO und dem BDSG unterfällt. Unter der Geltung des BDSG a.F. galt der Betriebsrat nicht selbst als verantwortliche Stelle, sondern wurde als Teil der verantwortlichen Stelle, d.h. des Arbeitgebers, betrachtet (BAG v. 7.2.2012 - 1 ABR 46/10, Rn 43). Auch in Bezug auf die DSGVO und das aktuelle BDSG wird in der Literatur überwiegend die Auffassung vertreten, der Betriebsrat sei nicht Verantwortlicher i.S.v. Art. 4 Nr. 7 DSGVO (Lücke, NZA 2019, 658, 661 f., 670; Althoff, ArbRAktuell 2018, 414, 415 f.; Pötters/Gola, RDV 2017, 279, 281; vgl. aber mit beachtlichen Argumenten auch Maschmann, NZA 2020, 1207 und Brink/Joos, NZA 2019, 1395). Höchstrichterliche Rechtsprechung liegt hierzu bislang nicht vor. Zwar hat das BAG 2019 die Frage angesprochen, ob der Betriebsrat unter Geltung der DSGVO Verantwortlicher für den Datenschutz sein kann. Allerdings hat das Gericht diese Frage offengelassen (BAG v. 9.4.2019 – 1 ABR 51/17, Rn 47; BAG v. 7.5.2019 – 1 ABR 53/17, Rn 45), sodass die weitere Entwicklung zu beobachten ist.

 

Rz. 114

Mit Wirkung vom 25.5.2018 ist die Subsidiarität der datenschutzrechtlichen Vorschriften des BDSG, wie sie in § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG a.F. geregelt ist, weggefallen. Nach § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG a.F. gingen andere Rechtsvorschriften des Bundes, soweit diese auf personenbezogene Daten einschließlich deren Veröffentlichung anzuwenden waren, den Vorschriften des BDSG a.F. vor.

 

Rz. 115

Seit dem 25.5.2018 gilt jedoch § 1 Abs. 2 BDSG. Diese Norm hat einen anderen Wortlaut als § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG a.F. Nach § 1 Abs. 2 S. 1 BDSG gehen andere Rechtsvorschriften des Bundes über den Datenschutz zwar den Vorschriften des BDSG vor. Regeln diese anderen Vorschriften jedoch einen Sachverhalt, für den das BDSG gilt, nicht oder nicht abschließend, finden gem. § 1 Abs. 2 S. 2 BDSG wiederum die Vorschriften des BDSG Anwendung. § 1 Abs. 2 BDSG enthält damit im Vergleich zur alten Regelung nur einen sehr eingeschränkten Vorrang für andere Rechtsvorschriften des Bundes. Diese müssen Regelungen "über den Datenschutz" treffen und "einen Sachverhalt…abschließend" regeln. Bestimmungen, die im BetrVG, in den Personalvertretungsgesetzen und im SGB IX den Betriebs-, Personalräten und Schwerbehindertenvertretungen Rechte einräumen, können danach keinen Vorrang begründen, soweit sie die neuen Anforderungen nicht erfüllen. Soweit sie die Verarbeitung personenbezogener Daten beinhalten, gelten dann hinsichtlich der Informations- und Beteiligungsrechte die Vorgaben des § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG.

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