Rz. 8

Der Vollmachtswiderruf[7] wird genehmigungsbedürftig, § 1820 Abs. 5 BGB n.F. Damit wird von den durch den BGH aufgestellten Grundsätzen abgewichen, nach denen die Kompetenz für den Widerruf einer Vorsorgevollmacht in einem eigenen Aufgabenkreis zugewiesen werden muss.[8] Einerseits kann kritisch gese hen werden, dass bei einem solch wichtigen Aspekt mit einem erheblichen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht von der sonstigen Systematik abgewichen werden, nach der Aufgabenkreise konkret zugewiesen werden müssen.[9] Andererseits ist die neue Systematik konsequent, da sich die Vertretungsmacht des Betreuers auf alle in seinen Aufgabenkreis fallenden Tätigkeiten erstreckt, somit auch auf den Widerruf einer Vollmacht für den jeweiligen Bereich. Es korrespondiert mit den Entscheidungen zum nur teilweisen Widerruf von Vorsorgevollmacht, wenn dieser nur in dem Umfang angezeigt ist.[10] So könnte beispielsweise ein Widerruf in Vermögensangelegenheiten aufgrund von Verfehlungen dort erfolgen, die Vollmacht für Gesundheitsangelegenheiten dagegen bestehen bleiben.

 

Rz. 9

Betroffen von dem Genehmigungsbedürfnis sollen nur bestimmte Vollmachten sein, nämlich solche, die gem. § 1820 Abs. 5 S. 1 BGB n.F. den Bevollmächtigten zu Maßnahmen der Personensorge oder zu Maßnahmen in wesentlichen Bereichen der Vermögenssorge ermächtigen. Das kommt der Definition einer Vorsorgevollmacht nahe, die grundsätzlich bewusst vermieden wurde.

Es sind also zunächst klassische Vorsorgevollmachten gemeint. Nach dem Gesetzestext sind vom Genehmigungsbedürfnis aber alle Vollmachten im Gesundheitsbereich gemeint. Das könnte also z.B. eine Vollmacht allein zur Umsetzung einer Patientenverfügung oder im psychiatrischen Bereich eine für den Fall eines Schizophrenieschubes sein. Im Vermögensbereich sind es mit Sicherheit Generalvollmachten. "Wesentliche Bereiche" der Vermögenssorge könnten generelle Befugnisse sein, ggf. mit Ausnahme einzelner Bereiche wie z.B. Unternehmensbeteiligungen.

 

Rz. 10

Für Post- oder Kontovollmachten soll § 1820 Abs. 5 BGB n.F. ausdrücklich nicht gelten.[11] Jedenfalls bei Letzterem erscheint das fraglich: Auf Bankkonten befindet sich regelmäßig wesentliches Vermögen des Betroffenen. So kann er durch Kontoverfügungen arm werden. Denkbar könnte sein, wiederum Bankvollmachten, die sich auf Depots- und Wertpapiergeschäfte beziehen, bei entsprechendem Umfang des Vermögens dort doch unter § 1820 Abs. 5 BGB n.F. fallen zu lassen.

 

Wichtige Änderung

Für den Widerruf einer Vorsorgevollmacht muss kein eigener Aufgabenkreis mehr zugewiesen werden. Er ist aber genehmigungsbedürftig.

 

Rz. 11

Der Widerruf ist eine ultima ratio. Er muss zudem ggf. auf Teile beschränkt werden.[12] Das Gericht hat umfassend zu ermitteln, und zwar nicht unter der Zuständigkeit des Rechtspflegers, sondern gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 RPflG n.F. unter der des Richters. Vor der Entscheidung ist der Betroffene anzuhören, § 299 S. 1 FamFG n.F.[13]

 

Hinweis

Vor der Genehmigung hat der Richter (nicht der Rechtspfleger) umfassend zu ermitteln und den Betroffenen anzuhören.

[7] Ausführlich, kritisch und instruktiv: Müller-Engels, FamRZ 2021, 645, 648; ebenfalls kritisch: Schneider, BtPrax 2021, 9, 11.
[9] Schneider, BtPrax 2021, 9, 11.
[11] BReg, BT-Drucks. 19/24445 (Gesetzentwurf), 248.
[12] BReg, BT-Drucks. 19/24445 (Gesetzentwurf), 248.
[13] BReg, BT-Drucks. 19/24445 (Gesetzentwurf), 248.

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