Rz. 4

 

Beispielsfall

M und F wollen heiraten. Die Eltern der F, der Schwiegervater SV und die Schwiegermutter SM, sind darüber sehr erfreut. Als M eine Wohnung erwirbt, überweisen sie dem M 60.000 EUR auf dessen Girokonto, über das nur er verfügt. Nach der Hochzeit ziehen M und F in die im Alleineigentum des M stehende Wohnung. SV nimmt an eben dieser Wohnung umfangreiche Instandsetzungs-, Umbau- und Renovierungsarbeiten vor, ohne hierfür eine Vergütung zu verlangen. Fünf Jahre nach Eheschließung trennen sich M und F, indem M aus der bis dahin gemeinsam bewohnten Wohnung auszieht. Nach der Scheidung zieht auch F in eine andere Wohnung. Die nach wie vor im Alleineigentum des M stehende Wohnung wird seit dieser Zeit von M vermietet.

I. Rückgewähranspruch nach Schenkungsrecht

 

Rz. 5

Haben Eltern ihrem Schwiegerkind Vermögen oder Vermögenswerte unentgeltlich zugewandt, ist der erste Gedanke, eine Rückabwicklung dieser Leistungen nach Schenkungsrecht vorzunehmen.

 

Rz. 6

Das Schenkungsrecht kennt drei Rückgewähransprüche, §§ 527 Abs. 1, 528 Abs. 1 und 530 Abs. 1, 531 BGB.

§ 527 Abs. 1 BGB gewährt dem Schenker einen Anspruch gegen den Beschenkten auf Herausgabe eines Geschenkes, wenn die Vollziehung der Auflage, unter der das Geschenk gemacht wurde, unterblieben ist.
Nach § 528 Abs. 1 BGB kann der Schenker von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes verlangen, wenn der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung außer Stande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten bzw. seiner Unterhaltsverpflichtung nachzukommen.
§§ 530 Abs. 1, 531 BGB schließlich gewährt dem Schenker einen Herausgabeanspruch, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers groben Undanks schuldig gemacht hat.

1. Schenkung

 

Rz. 7

Tatbestandsvoraussetzung aller Anspruchsgrundlagen ist zunächst die Qualifizierung der schwiegerelterlichen Leistung als Schenkung.

Der Begriff der Schenkung ist in § 516 Abs. 1 BGB definiert. Danach handelt es sich bei einer Schenkung um eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, und beide Teile darüber einig sind, dass diese Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Folgende Voraussetzungen müssen also erfüllt sein: eine Zuwendung, eine Be- und im Gegenzug Entreicherung, Unentgeltlichkeit und die Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit.

a) Zuwendung

 

Rz. 8

Zuwendung aus dem Vermögen im Sinne des § 516 BGB ist die Hingabe eines Vermögensbestandteils von einer Person zugunsten einer anderen. Es muss eine Verminderung der Vermögenssubstanz bei dem Zuwendenden eintreten.[1] Gegenstand einer Zuwendung kann das Vermögen selbst oder jeder übertragbare Vermögensgegenstand sein.[2] Unproblematisch zählen dazu Immobilien wie Grundstücke oder Häuser, Überweisung von Geld, aber auch der Erlass von Forderungen oder die Übernahme einer Verbindlichkeit. Letzteres ist beispielsweise bei Ablösung eines Darlehens der Fall.

 

Rz. 9

Hingegen nicht zu einer Verminderung der Vermögenssubstanz des Zuwendenden kommt es, wenn ein zinsloses Darlehen gewährt oder eine Sache unentgeltlich zum Gebrauch überlassen wird.[3]

 

Rz. 10

Dasselbe gilt für Arbeits- oder Dienstleistungen, sofern sie unentgeltlich, also ohne Vergütung, erfolgen.[4] Diese Leistungen vermindern nicht die Vermögenssubstanz desjenigen, der die Arbeit oder die Dienste erbringt. Eine Zuwendung im Sinne des § 516 BGB liegt dann nicht vor, in der Folge auch kein Schenkungsvertrag zwischen den Beteiligten. Möchten Eltern von ihrem Schwiegerkind Ausgleich für geleistete Arbeit oder Dienste, können sie diesen Anspruch folglich nicht auf die Vorschriften des Schenkungsrechts stützen.

 

Rz. 11

Erbringen Eltern Arbeits- oder Dienstleistungen in erheblichem Umfang, insbesondere über erwiesene Gefälligkeiten hinaus, kann in dem Verhalten der Parteien aber der schlüssige Abschluss eines besonderen familienrechtlichen Vertrages. Es handelt sich dann um ein eigenständiges Rechtsverhältnis, einen sogenannten Kooperationsvertrag.[5] Bei dessen Störung können unter Umständen die Leistungen rückabgewickelt werden (siehe unten Rn 53 ff.).

 

Rz. 12

Bis 2010 galt die Rechtsansicht, dass es sich bei einer Zuwendung von Vermögen durch Eltern an das Schwiegerkind nicht um eine solche im Sinne einer Schenkung nach § 516 BGB handele, sondern um eine Zuwendung eigenständiger Art. Diese war der unbenannten Zuwendung unter Ehegatten nachempfunden. Denn die Zuwendung sei, so die damalige Rechtsansicht, um der Ehe des eigenen Kindes Willen erfolgt.

 

Rz. 13

Seit einer Entscheidung des BGH im Februar 2010 gilt jetzt, dass Zuwendungen von Eltern an das Schwiegerkind nicht mit denjenigen unter Ehegatten gleichzusetzen sind. Im Fall der Zuwendung unter Ehegatten hat der zuwendende Ehegatte die Vorstellung, das zugewendete Vermögen werde ihm letztlich nicht verloren gehen, sondern der ehelichen Lebensgemeinschaft und damit auch ihm selbst zu Gute kommen.[6] Die Eltern hingegen übertragen das zuzuwendende Vermögen in dem Bewusstsein auf das Schwiegerkind, künftig an dem Gegenstand nic...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge