Rz. 53

Haben Eltern zugunsten ihres Schwiegerkindes im Hinblick auf den Bestand der Ehe mit dem eigenen Kind eine Leistung erbracht, die nach Scheitern der Ehe rückabgewickelt werden soll, kann ein Rückgewähranspruch wegen Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB in Betracht kommen. Gemäß § 313 Abs. 1 BGB kann Anpassung eines Vertrages verlangt werden, wenn sich Umstände, die zur Grundlage dieses Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, hätten sie diese Veränderung vorausgesehen. Dies gilt, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann.

 

Rz. 54

Der Anspruch aus Wegfall der Geschäftsgrundlage ist eine gesetzliche Ausformung des Gedankens von Treu und Glauben. Es soll unter bestimmten und eng auszulegenden Voraussetzungen eine Anpassung eines Vertragsverhältnisses an nach Vertragsschluss eingetretene Veränderungen ermöglicht werden.[40] Zunächst sind hierzu zwar die spezielleren Rückabwicklungsansprüche, wie diejenigen des Schenkungsrechts, heranzuziehen. Sofern aber ein Sachverhalt außerhalb des Bereichs des Schenkungsrechts liegt, ist § 313 BGB neben diesen speziellen Ansprüchen anwendbar.[41] Um einen Sachverhalt außerhalb des Schenkungsrechts handelt es sich, wenn es um Rückabwicklung einer Zuwendung wegen Scheiterns der Ehe geht, das Scheitern der Ehe.[42]

 

Rz. 55

Voraussetzungen für einen Anspruch wegen Wegfall der Geschäftsgrundlage sind

das Vorliegen eines Vertrages zwischen den Parteien,
eine Grundlage des Vertrages, die nicht Vertragsinhalt geworden ist,
eine schwerwiegende Veränderung derselben und
das subjektive Element, dass die Parteien den Vertrag nicht oder nicht so geschlossen hätten, hätten sie die Veränderung vorausgesehen.
[40] Palandt/Grüneberg, § 313 BGB Rn 1.
[41] BGH, Urt. v. 21.7.2010 – XII ZR 180/09, openJur 2010, 10756 (Ziff.20), FamRZ 2010, 1626; BGH, Beschl. v. 3.12.2014 – Az. XII ZB 181/13, Pressemitteilung Nr. 180/14 vom 4.12.2014.
[42] BGH, Urt. v. 21.7.2010 – XII ZR 180/09, openJur 2010, 10756 (Ziff.20), FamRZ 2010, 1626; BGH, Urt. v. 17.1.1990 – XII ZR 1/89, dnoti.de, FamRZ 1990, 600, 602.

1. Vertrag

 

Rz. 56

Die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB finden nur Anwendung auf Rückabwicklungen von Verträgen. Machen Eltern einen Anspruch auf Rückabwicklung der erbrachten Leistungen gegen das Schwiegerkind geltend, ist deshalb stets Voraussetzung, dass die Leistung aufgrund eines Vertrages erfolgte.

a) Schenkung

 

Rz. 57

In der Regel handelt es sich bei Zuwendungen von Eltern an ihr Schwiegerkind um eine Schenkung. Das gilt auch dann, wenn dies um der Ehe des eigenen Kindes willen geschah (siehe oben Rn 13). Rechtsgrundlage der Zuwendung ist also ein Schenkungsvertrag.

 

Rz. 58

Bis Februar 2010 wurde dies anders gesehen. Der BGH sah in einer schwiegerelterlichen Zuwendung aus verschiedenen Gründen keine Schenkung. Er kam aber dennoch zu einer Rückabwicklung der Zuwendungen nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Es wurde ein im Gesetz nicht geregeltes familienrechtliches Rechtsverhältnis eigener Art konstruiert, das den Rechtsgrund der Zuwendung bildete.[43] Diesbezüglich hat sich die höchstrichterliche Rechtsprechung geändert, derjenigen bis 2010 wird nicht mehr gefolgt.

 

Rz. 59

 

Praxistipp

Rechtsgrundlage der schwiegerelterlichen Zuwendungen an das Schwiegerkind um der Ehe des eigenen Kindes willen ist ein Schenkungsvertrag zwischen den Beteiligten.

[43] Frankfurt a.M., Beschl. v. 14.3.2014 – 6 UF 91/11, openJur 2013, 30804 (Ziff.35), FamRZ 2013, 988.

b) Familienrechtlicher Kooperationsvertrag

 

Rz. 60

Wenden die Eltern dem Schwiegerkind Arbeits- oder Dienstleistungen zu, liegt dem kein Schenkungsvertrag zugrunde (siehe oben Rn 10). Es kann aber in dem Verhalten der Parteien der schlüssige Abschluss eines besonderen familienrechtlichen Vertrages, eines Kooperationsvertrages, gesehen werden, wenn diese Arbeits- oder Dienstleistungen über erwiesene Gefälligkeiten hinausgehen und einen erheblichen Umfang erreicht haben.[44]

 

Rz. 61

Voraussetzungen für das Zustandekommen eines Kooperationsvertrages zwischen Eltern und Schwiegerkind sind Leistungen, die über eine bloße Gefälligkeit hinausgehen, das Fehlen eines anderweitigen diesbezüglichen Vertrages (zum Beispiel eines Arbeitsvertrages) sowie ein messbarer Vermögenszuwachs beim Schwiegerkind.[45]

 

Rz. 62

 

Praxistipp

Rechtsgrundlage für von Eltern zugunsten des Schwiegerkindes geleisteter Arbeits- oder Dienstleistungen um der Ehe ihres Kindes willen ist ein familienrechtlicher Kooperationsvertrag.

[44] Handbuch Familienvermögensrecht/Büte, Kap. 5 Rn 19; FAKomm-FamR/Roßmann, vor §§ 1372 ff. BGB Rn 194.
[45] Wever, Rn 573a.

2. Geschäftsgrundlage

 

Rz. 63

Damit eine Rückabwicklung der entweder aufgrund eines Schenkungsvertrages zugewendeten Vermögenswerte oder aufgrund eines familienrechtlichen Kooperationsvertrages erbrach...

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