Rz. 25

Im Fallbeispiel wurde aus Vereinfachungsgründen die Leistungsunfähigkeit des anderen Elternteils des vjK (F1) unterstellt. Komplizierter wird die Bestimmung des Unterhalts, wenn beide Elternteile (M und F1) leistungsfähig sind und ihre Haftungsanteile zu bestimmen sind. Denn einerseits ist für die Berechnung des Familienunterhalts der zweiten Ehefrau der Haftungsanteil des M vorweg vom Einkommen des M in Abzug zu bringen, andererseits hat der vorrangige Unterhaltsanspruch der neuen Ehefrau wieder Einfluss auf die Höhe des Haftungsanteils.

 

BGH, Urt. v. 21.1.2009 – XII ZR 54/06

Der Anspruch ist nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu bestimmen, die aber ihrerseits durch anderweitige, auch nachrangige Unterhaltspflichten eingeschränkt sein können. Von einer solchen Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse durch anderweitige Unterhaltspflichten ist auch in dem Verhältnis zwischen Eltern und volljährigen Kindern auszugehen (BGH 19.2.2003 – XII ZR 67/00, FamRZ 2003, 860, 865). Nach diesem methodischen Ansatz ist bei der Bemessung des Unterhalts der zweiten Ehefrau grundsätzlich der auf den Beklagten entfallende Anteil des Unterhalts für das (volljährige) Kind vorweg vom Einkommen des Unterhaltsschuldners abzuziehen. Bei der hier vorzunehmenden Anteilsberechnung nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB besteht allerdings die Besonderheit, dass ein bestimmter Kindesunterhalt der Klägerin, der vorweg abgezogen werden könnte, noch nicht feststeht.

Es ist danach zu unterscheiden, ob sich der Bedarf des volljährigen Kindes abhängig – das volljährige Kind lebt bei einem Elternteil – oder unabhängig vom Einkommen der Eltern – das Kind hat einen eigenen Haushalt – bemisst:

Wird für ein volljähriges Kind der dem Einkommen entsprechende Tabellenunterhalt geschuldet, so ist dieser zunächst allein nach dem Einkommen desjenigen Elternteils zu bemessen, der zugleich Familienunterhalt aufzubringen hat. Der sich ergebende Tabellenbetrag ist – nach Abzug des vollen Kindergeldes – vom Einkommen dieses Elternteils abzuziehen und sodann der Anspruch des Ehegatten auf Familienunterhalt zu ermitteln.

Ist dagegen von einem festen Bedarf auszugehen, kommt – jeweils wiederum nach Abzug des Kindergeldes – eine Berechnung mit dem hälftigen Anteil oder einem anderen Näherungswert in Betracht, der bei unterschiedlichen Einkommensverhältnissen der Eltern realistisch erscheint.

Das gewonnene Ergebnis ist darauf zu überprüfen, ob sich ein Missverhältnis hinsichtlich des wechselseitigen Bedarfs ergibt. Das ist dann anzunehmen, wenn der der jeweiligen Lebenssituation entsprechende angemessene Eigenbedarf der Ehefrau – unter Berücksichtigung der durch das Zusammenleben der Ehegatten eintretenden häuslichen Ersparnis – durch die verbleibenden Mittel nicht gewährleistet werden kann (BGH 19.2.2003 – XII ZR 67/00, FamRZ 2003, 860, 865). In diesem Fall haben dem unterhaltspflichtigen Elternteil vorweg diejenigen Mittel zu verbleiben, die er zur Deckung des angemessenen Bedarfs seines Ehegatten benötigt. Deshalb ist insoweit – vor der Anteilsberechnung nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB – der Fehlbetrag (d.h. der um die häusliche Ersparnis reduzierte angemessene Eigenbedarf abzüglich eines eventuellen eigenen Einkommens des Ehegatten) von dem Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils in Abzug zu bringen.

Gemäß § 1360 BGB sind beide Ehegatten verpflichtet, die Familie durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen angemessen zu unterhalten. Dabei steht es den Ehegatten frei, ihre Ehe so zu führen, dass ein Partner allein einer Berufstätigkeit nachgeht und der andere sich der Familienarbeit widmet, ebenso wie sie sich dafür entscheiden können, beide einen Beruf ganz oder teilweise auszuüben und sich die Hausarbeit und Kinderbetreuung zu teilen oder diese durch Dritte ausführen zu lassen (BGH 15.10.2003 – XII ZR 122/00, FamRZ 2004, 366, 369). Da die Ehegatten ihre persönliche und wirtschaftliche Lebensführung frei bestimmen können, steht es ihnen grundsätzlich auch frei, Vereinbarungen über die innerfamiliäre Arbeitsteilung zu treffen, die die Kinderbetreuung und Haushaltsführung durch einen Ehegatten selbst dann vorsehen, wenn es sich nicht um gemeinsame Kinder handelt. Die Mitwirkung an einer solchen Gestaltung kann einem Ehegatten allenfalls im Verhältnis zu seinen unterhaltsberechtigten minderjährigen Kindern aus einer früheren Ehe nach Treu und Glauben unter Umständen verwehrt sein (Urt. v. 25.4.2007, FamRZ 2007, 1081, 1082 f.).

Im Verhältnis zu der volljährigen Klägerin muss es indes bei der uneingeschränkten Dispositionsfreiheit im Rahmen der Ausgestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse bleiben. Die neue Ehefrau eines Unterhaltsschuldners ist nicht verpflichtet, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, damit der Unterhaltsschuldner ihr weniger Unterhalt zu leisten hat, um an den volljährigen Unterhaltsgläubiger weitergehende Unterhaltszahlungen erbringen zu können.

Haushaltsersparnis kommt nicht nur hinsichtlich des Selbstbehalts des Unterhaltsschuldners in Betrach...

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