Rz. 55

Der Kündigungsschutz der §§ 168 ff. SGB IX besteht in allen Betrieben, unabhängig von der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer. Er besteht auch dann, wenn der schwerbehinderte Arbeitnehmer über die in § 154 SGB IX vorgeschriebene Pflichtzahl hinaus beschäftigt wird. Vom besonderen Kündigungsschutz erfasst sind grundsätzlich alle Kündigungen, also ordentliche und außerordentliche, Änderungs- und Massenkündigungen, Kündigungen in der Insolvenz etc.

 

Rz. 56

Erforderlich ist das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses. Über § 210 Abs. 2 S. 2 SGB IX sind auch schwerbehinderte Menschen, die in Heimarbeit beschäftigt sind, in den Schutzbereich einbezogen. Für arbeitnehmerähnliche Personen gilt dies nur dann, wenn sie aufgrund eines Arbeitsvertrags beschäftigt werden, nicht dagegen, sofern sie aufgrund eines selbstständigen Dienstvertrages tätig werden.[105] Auszubildende sind ebenfalls vom besonderen Kündigungsschutz erfasst.[106] Im Gegensatz zu leitenden Angestellten erstreckt sich der Anwendungsbereich nicht auf Vertreter juristischer Personen, da diese keine Arbeitnehmer sind.[107] Arbeitsvertragliche Klauseln, die den Verzicht des besonderen Kündigungsschutzes zum Gegenstand haben, sind unwirksam.

 

Rz. 57

Der besondere Kündigungsschutz entfällt in einer Reihe von Fällen, die § 173 SGB IX enumerativ aufzählt. Zu beachten ist insbesondere die dem allgemeinen Kündigungsschutz des KSchG entsprechende Wartezeit von sechs Monaten und die Sonderregelung für Arbeitnehmer, die das 58. Lebensjahr vollendet sowie einen darüber hinausgehenden Anspruch der in § 173 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX beschriebenen Art haben.[108]

[105] Vgl. BAG v. 17.6.1999, AP Nr. 39 zu § 17a GVG = AP Nr. 5 zu § 611 BGB Arbeitnehmerähnlichkeit = NZA 1999, 1175.
[106] BAG v. 5.7.1990, DB 1991, 2679.
[107] Vgl. BAG v. 26.5.1999, AP Nr. 106 zu § 611 BGB Abhängigkeit = AP Nr. 10 zu § 35 GmbHG = NZA 1999, 987; BVerwG v. 8.3.1999, NZA 1999, 826; LSG Niedersachsen-Bremen v. 12.3.2003 – L 4 KR 255/00, n.v.
[108] Sechsmonatige Wartezeit gilt u.U. dann nicht, wenn der Arbeitgeber selbst das Arbeitsverhältnis unterbrochen hat, vgl. BAG v. 19.6.2007, NZA 2007, 1103.

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