1. Überblick
Rz. 275
Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt der Eltern, eines Elternteils und dessen Ehegatten, der Pflegeeltern oder der Großeltern aufgenommen worden, so bestimmen diese untereinander den Kindergeldberechtigten. Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so bestimmt das FamG auf Antrag den Berechtigten (§ 3 Abs. 2 S. 3 BKGG; § 64 Abs. 2 S. 3 EStG).
Rz. 276
Dieses Verfahren ist im Gegensatz zu den Unterhaltssachen nach § 231 Abs. 1 FamFG keine Familienstreitsache, sondern eine Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit (arg. e. § 112 Nr. 1 FamFG). Zuständig ist nicht der Richter, sondern der Rechtspfleger (§ 25 Nr. 2 Buchst. a) RPflG).
Rz. 277
Der Anwalt erhält die Gebühren nach Teil 3 Abschnitt 1 VV, also nach den Nrn. 3100 ff. VV. Hinzukommen kann eine Einigungsgebühr (Nr. 100 VV).
2. Gegenstandswert
Rz. 278
Der Gegenstandswert richtet sich nach § 23 Abs. 1 S. 1 u. 3 RVG i.V.m. § 51 Abs. 3 FamGKG. Es ist von einem Regelwert in Höhe von 500,00 EUR auszugehen (§ 51 Abs. 3 S. 1 FamGKG), was der untersten Gebührenstufe entspricht.
Rz. 279
Sofern der Regelwert nach den Umständen des Einzelfalls unbillig ist, kann das Gericht einen höheren Wert festsetzen (§ 51 Abs. 3 S. 2 FamGKG). Hier kann das Gericht insbesondere berücksichtigen, dass der Erhalt des Kindergelds für den Antragsteller aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse eine besondere Bedeutung hat oder auch, wenn das Verfahren besonders streitig geführt wird oder sich rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten ergeben.[71] Eine Festsetzung oberhalb des Regelfestwerts soll dann nicht in Betracht kommen, wenn das FamG im Streitfall für die Bestimmung des Kindergeldberechtigten von vornherein erkennbar nicht zuständig war.[72]
Rz. 280
Betrifft ein Verfahren die Zuweisung des Kindergelds für mehrere Kinder, gilt der Wert von 500,00 EUR für jedes Kind.[73] Die Werte sind sodann nach § 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG zu addieren. Jeder Zuweisungsantrag ist ein eigener Gegenstand, für den der Wert von 500,00 EUR gilt. Im Gegensatz zu § 44 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 und § 45 Abs. 2 FamGKG ist hier nicht angeordnet, dass ein Verfahren, das mehrere Kinder betrifft, als ein Gegenstand bewertet wird. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass es bei dem allgemeinen Grundsatz der Zusammenrechnung (§ 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG) bleibt.[74]
3. Die Gebühren
a) Erstinstanzliches Verfahren
Rz. 281
Für das Betreiben des Verfahrens erhält der Anwalt zunächst eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV, die sich unter den Voraussetzungen der Nr. 3101 Nr. 1 u. 2 VV auf 0,8 ermäßigt. Der Ermäßigungstatbestand der Nr. 3101 Nr. 3 VV ist unanwendbar, da das Verfahren nicht die Erteilung einer Genehmigung oder Zustimmung zum Gegenstand hat, sondern vom Gericht eine rechtsgestaltende Entscheidung begehrt wird.
Beispiel 128: Kindergeldverfahren
Der Kindesvater beantragt, ihn mit Wirkung ab dem 1.1.2018 zum Berechtigten für die Auszahlung des Kindergelds für seinen minderjährigen Sohn zu bestimmen. Das FamG entscheidet ohne mündliche Verhandlung und setzt den Verfahrenswert auf 500,00 EUR fest.
Der Anwalt erhält lediglich eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV. Eine Terminsgebühr fällt nicht an (siehe Rdn 285).
1. | 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV | 58,50 EUR | |
(Wert: 500,00 EUR) | |||
2. | Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV | 11,70 EUR | |
Zwischensumme | 70,20 EUR | ||
3. | 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV | 13,34 EUR | |
Gesamt | 83,54 EUR |
Rz. 282
Eine Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV kommt grundsätzlich nicht in Betracht, da der Antrag von einem Eltern-, Pflegeeltern- oder Großelternteil zu stellen ist.
Rz. 283
Eine vorangegangene Geschäftsgebühr ist nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV hälftig, höchstens zu 0,75 auf die Verfahrensgebühr anzurechnen.
Rz. 284
Soweit es zu einem gerichtlichen Termin oder einer Besprechung i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 3 VV kommt, entsteht eine 1,2-Terminsgebühr. Eine Ermäßigung nach Nr. 3105 VV ist nicht möglich, da eine Versäumnisentscheidung in diesen Verfahren nicht ergehen kann.
Beispiel 129: Kindergeldverfahren mit gerichtlichem Termin
Die Kindesmutter beantragt beim FamG sie als Bezugsberechtigte für die minderjährige Tochter zu bestimmen. Das FamG entscheidet aufgrund mündlicher Verhandlung und setzt den Verfahrenswert auf 500,00 EUR fest.
Jetzt erhält der Anwalt neben der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV auch eine 1,2-Terminsgebühr.
1. | 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV | 58,50 EUR | |
(Wert: 500,00 EUR) | |||
2. | 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV | 54,00 EUR | |
(Wert: 500,00 EUR) | |||
3. | Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV | 20,00 EUR | |
Zwischensumme | 132,50 EUR | ||
4. | 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV | 25,18 EUR | |
Gesamt | 157,68 EUR |
Rz. 285
Ergeht di...
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