Rz. 13

Der Geschädigte ist für sämtliche Schadenpositionen darlegungs- und beweispflichtig. Es handelt sich insoweit um anspruchsbegründende Tatsachenbehauptungen.

 

Rz. 14

Gemäß § 249 S. 2 BGB kann der Geschädigte statt der Naturalrestitution "den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen". Zunächst muss also der Geschädigte vortragen und beweisen, dass der von ihm betriebene Aufwand "erforderlich" für die Schadenbeseitigung war.[13]

 

Rz. 15

Der Geschädigte muss darlegen und beweisen, dass er bei dem von ihm betriebene Herstellungsaufwand seinen individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten Rechnung getragen hat.[14]

 

Rz. 16

Hat der Geschädigte daher einen unverhältnismäßig hohen Aufwand betrieben, so trägt er die Beweislast dafür, dass diese hohen Schadenbeseitigungskosten auch tatsächlich "erforderlich" waren.

 

Rz. 17

Der Ersatzpflichtige, der sich auf einen Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht des Geschädigten beruft, trägt die Beweislast für ein schuldhaftes Verhalten des Geschädigten.[15]

 

Rz. 18

Trotz dieser eindeutigen Beweislastverteilung sind die Grenzen fließend: Die Umstände, aus denen sich ein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht ergibt, ereignen sich wegen der größeren Sachnähe des Geschädigten in dessen Sphäre, sodass dieser erforderlichenfalls darlegen und beweisen muss, was er zur Schadenminderung unternommen hat.[16]

 

Rz. 19

Hat der Geschädigte nichts unternommen, um den Schaden zu mindern oder kommt er insoweit seiner Darlegungspflicht nicht nach, kann dieses zugunsten des Schädigers einen Anscheinsbeweis bewirken.[17]

 

Rz. 20

Anders als bei der haftungsbegründenden Kausalität, die den strengen Beweisanforderungen von § 286 ZPO unterliegt, reicht bei der Bestimmung der Schadenhöhe (§ 287 ZPO) für die richterliche Überzeugung bereits eine erhebliche Wahrscheinlichkeit aus.[18]

 

Rz. 21

§ 254 BGB begründet einen Einwand und keine Einrede. Ein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht ist daher von Amts wegen zu berücksichtigen.[19]

 

Rz. 22

 

Beispiele

Hat ein Taxiunternehmer ein Miettaxi in Anspruch genommen, dessen Kosten erheblich höher als der zu befürchtende Verdienstausfall sind, muss er darlegen und beweisen, dass er nicht auf andere – eigene – Fahrzeuge zurückgreifen konnte.[20]

Grundsätzlich muss ein Geschädigter die Kosten der Schadenbeseitigung aus eigenen Mitteln vorlegen; wenn er Kredit in Anspruch nimmt, muss er die Umstände darlegen und beweisen, die eine Kreditaufnahme erforderlich machen.[21]

Der Geschädigte muss nachweisen, dass er keine Möglichkeit hatte, einen Mietwagen zum Pauschaltarif anzumieten.[22]

[13] BGH, VI ZR 491/15, zfs 2017, 23; van Bühren, Verträge zu Lasten Dritter bei der Unfallregulierung, zfs 2017, 390 ff.; van Bühren/Lemcke/Jahnke, Anwalts-Handbuch Verkehrsrecht, Teil 3 Rn 16 m.w.N.
[14] BGH, VI ZR 338/04, zfs 2006, 505 = r+s 2006, 347.
[15] Hentschel/König/Dauer, § 12 StVG Rn 8 m.w.N.
[16] OLG Naumburg, DAR 2005, 158, Grüneberg/Grüneberg, § 254 Rn 72 m.w.N.
[17] Grüneberg/Grüneberg, § 254 BGB Rn 72 m.w.N.
[18] BGH, VI ZR 28/03, zfs 2004, 159 = SP 2004, 40.
[19] Grüneberg/Grüneberg, § 254 BGB Rn 72 m.w.N.
[20] OLG Frankfurt, SP 2007, 104.
[21] OLG Naumburg, NZV 2005, 198, 199; LG Konstanz, SP 2005, 18.
[22] BGH, VI ZR 37/04, zfs 2005, 435 = VersR 2005, 850, Wellner, BGH-Rechtsprechung zum Kfz-Sachschaden, § 5 Rn 1.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge