Rz. 22

Bei der Klärung der Frage, ob ein Rechtsstreit in die Rechtsschutzdeckung fällt, ist zunächst maßgebend, ob der Rechtsstreit nach dem streitbefangenen Rechtsgebiet (z.B. Schadenersatz-Rechtsschutz etc.) unter Rechtsschutz steht (primäre Risikobegrenzung). Ist dies gegeben, so hängt die Rechtsschutzdeckung weiter davon ab, ob nicht eine ausgeschlossene Rechtsangelegenheit i.S.v. § 3 ARB 2010 vorliegt. Weiter sind Risikoausschlüsse in den speziellen Rechtsschutzformen der §§ 21 ff. ARB 2010 zu klären und zu prüfen. Nachstehend werden die in Betracht kommenden speziellen Risikoausschlüsse in den Leistungsformen dargestellt.

a) Ausschluss der Rechtsschutzdeckung im Privat-Rechtsschutz für Selbstständige gem. § 23 Abs. 1 bzw. Abs. 4 ARB 2010

 

Rz. 23

In § 23 ARB 2010 ist Gegenstand der Versicherung der private Bereich eines Gewerbetreibenden, Freiberuflers oder sonst selbstständig Tätigen.[19]

In diesem Bereich ergeben sich Abgrenzungsprobleme. So besteht kein Privatrechtsschutz für Selbstständige bei Streit über Beratungen im Zusammenhang mit der Errichtung einer Vermögens- und Beteiligungsgesellschaft als Familienholding. Ist der Versicherungsnehmer als beherrschender Gesellschafter an der Führung von gewerblichen Unternehmen beteiligt, übt er eine selbstständige Tätigkeit i.S.v. § 23 Abs. 1 ARB 2010 aus. Dies hat zur Folge, dass die Interessenwahrnehmung bei Schadenersatzansprüchen gegen eine Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatungsgesellschaft wegen fehlerhafter einkommensteuerrechtlicher Beratung des Versicherungsnehmers im Zusammenhang mit der Errichtung einer Vermögens- und Beteiligungsgesellschaft als Familienholding nicht in den privaten Bereich fällt, sodass kein Privatrechtsschutz für Selbstständige besteht.[20] Anders ist der Sachverhalt gelagert in dem Fall, in dem ein früherer Rechtsanwalt und Notar Ansprüche auf Schadenersatz gegen den Praxisabwickler einer Anwaltskanzlei wegen Vereitelung der Auszahlung geltend macht mit dem Vorwurf der Auszahlung von nach Zurückgabe der Zulassung abzurechnenden Honoraransprüchen. In diesem Fall besteht kein zum Deckungsausschluss führender Zusammenhang mit der selbstständigen und freiberuflichen Tätigkeit.[21]

Nach dem OLG Hamm[22] besteht Rechtsschutzdeckung auch bei einer Klage gegen einen privaten Unfallversicherer, wenn der in Rede stehende Unfall bei der gewerblichen Tätigkeit des Versicherungsnehmers geschah und der Rechtsschutzversicherer schlechthin Vertragsrechtsschutz "für den privaten Bereich" versprochen hat.[23]

Wird dem Versicherungsnehmer entgegengehalten, eine Täuschungshandlung begangen zu haben, z.B. beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ), so stellt sich die Frage, ob und inwieweit die Rechtsschutzversicherung leistungsfrei ist. Bei einer Klage des Versicherungsnehmers auf Leistung aus einer BUZ ist die Rechtsschutzversicherung nicht leistungsfrei, auch wenn sich herausstellt, dass der Versicherungsnehmer bei Beantragung der Versicherung arglistig über seinen Gesundheitszustand getäuscht hat.[24]

 

Rz. 24

Vom Versicherungsschutz ausgenommen ist die Interessenwahrnehmung des Versicherungsnehmers und aller Mitversicherten im motorisierten Verkehr, soweit die Wahrnehmung rechtlicher Interessen als Eigentümer, Halter, Erwerber, Mieter, Leasingnehmer und Fahrer des zulassungspflichtigen oder mit einem Versicherungskennzeichen zu versehenden Motorfahrzeuges zu Lande, zu Wasser oder in der Luft sowie eines Anhängers Gegenstand des Rechtsstreites ist. Dieser Ausschluss kommt insbesondere zum Tragen etwa bei einem fehlgeschlagenen Kaufvertrag über ein Motorfahrzeug.

[19] Van Bühren/Plote, § 23 Rn 1.
[21] AG Schöneberg zfs 2008, 100.
[22] VersR 2008, 251.
[24] OLG Hamm zfs 2011, 39; zu dieser Thematik vgl. auch Bauer, Die Rechtsentwicklung bei den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung, NJW 2010, 1337 mit Darstellung von Beispielen aus der Rechtsprechung.

b) Ausschluss gem. § 24 Abs. 3 ARB 2010 Berufs-Rechtsschutz für Selbstständige, Rechtsschutz für Firmen und Vereine

 

Rz. 25

Gemäß § 24 Abs. 3 ARB 2010 ist vom Versicherungsschutz ausgenommen die Interessenwahrnehmung im Zusammenhang mit dem motorisierten Verkehr. Ausgenommen ist die Interessenwahrnehmung des Versicherungsnehmers und aller mitversicherten Personen, soweit sie in einer der in § 24 Abs. 3 genannten Eigenschaften beteiligt sind. Dies ist also die Interessenwahrnehmung als Eigentümer, Halter, Erwerber, Mieter, Leasingnehmer und Fahrer eines zulassungspflichtigen oder mit einem Versicherungskennzeichen zu versehenden Motorfahrzeug zu Lande, zu Wasser oder in der Luft sowie eines Anhängers. Gemäß § 24 Abs. 3 ARB 2010 ist der Ausschluss erweitert auf alle Motorfahrzeuge ohne Beschränkung auf zulassungs- oder versicherungspflichtige Fahrzeuge.[25]

[25] Harbauer/Stahl, ARB 2000, § 24 Rn 49.

c) Risikoausschluss gem. § 25 Abs. 1 S. 2 und Abs. 4

 

Rz. 26

Vom Versicherungsschutz ist ausgenommen, und zwar grundsätzlich unabhängig von der Umsatzhöhe, die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit einer selbstständigen Tätigkeit. Die Regelung des § 25 ARB 2010 beschränkt den Rechtsschutz grundsätzlich auf Nichtselbstständige, während der Rechtsschutz für Selbstständige in § 23 ARB 2010...

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