Rz. 28

Punkt 3 AVB Reisegepäck 1992/2008 differenziert zwischen ausgeschlossenen Gefahren und nicht ersatzpflichtigen Schäden.

 

Hinweis

Hierbei handelt es sich jedoch insgesamt um Risikoausschlüsse, die vom Versicherer zu beweisen sind.

Die AVBR 80 sahen noch als nicht ersatzpflichtigen Schaden an, wenn dieser auf mangelnder Verpackung oder mangelhaftem Verschluss von Gepäckstücken beruhte. Diese Klausel beurteilte das LG Hamburg als verhüllte Obliegenheit.[39] Nach den aktuellen Bedingungen ist dies unter den Gesichtspunkt der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles zu bewerten; folglich käme es zu einer dem Verschulden angemessenen Leistungskürzung.

 

Rz. 29

Punkt 3.1 lit. a AVB Reisegepäck 1992/2008 erfasst die Gefahren des Krieges, des Bürgerkrieges, kriegsähnlicher Ereignisse oder unabhängig vom Kriegszustand aus der feindlichen Verwendung von Kriegswerkzeugen, also die so genannten politischen Gefahren.

 

Rz. 30

Punkt 3.1 lit. b AVB Reisegepäck 1992/2008 erfasst die Gefahren von Streik, Aussperrung, Arbeitsunruhen, terroristische oder politische Gewalthandlungen, Aufruhr und sonstigen bürgerlichen Unruhen. Eine Abgrenzung des Sammelbegriffes "sonstige bürgerliche Unruhen" ist auch mangels entsprechender Rechtsprechung nicht möglich. Aus der Gesamtschau der in dieser Regelung aufgezählten Ausschlussgründe wird man zu Recht eine erhebliche Störung der öffentlichen Ordnung voraussetzen müssen.

 

Rz. 31

Schäden durch Beschlagnahme, Entziehung oder sonstige Eingriffe von hoher Hand (Punkt 3. 1 lit. c AVB Reisegepäck 1992/2008) sind nicht vom Versicherungsschutz erfasst, unabhängig davon, ob der hoheitliche Eingriff rechtmäßig oder rechtswidrig war. Der hoheitliche Eingriff muss jedoch als letzter Akt unmittelbar kausal zum Verlust des Gegenstandes führen, wobei eine Mitverursachung nicht ausreicht. Wird z.B. ein Teil des Reisegepäcks zum Zwecke der späteren Beschlagnahmung von einem Zöllner zur Seite gelegt und bei dieser Gelegenheit von einem Dritten gestohlen, so war der Diebstahl und nicht die Vorbereitung für die Beschlagnahmung kausal für den Verlust. Der Ausschlussgrund greift hier nicht, Versicherungsschutz besteht.

Das Hinlegen von Gegenständen auf das Förderband des Röntgenkontrollgerätes am Flughafen zur Passagierkontrolle erfüllt keinen der vorgenannten Ausschlusstatbestände. Durch die Flughafenkontrolle wird ein Verwahrungsverhältnis[40] begründet. Kommen Gegenstände bei einer solchen Kontrolle abhanden, so entsteht ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung der Wiederherausgabe.[41] Diese Regressmöglichkeit hat der Versicherte zu wahren.

 

Rz. 32

Der Gefahrausschluss aus der Verwendung von chemischen, biologischen biochemischen Subs­tanzen oder elektromagnetischen Wellen als Waffen mit gemeingefährlicher Wirkung (Punkt 3.1 lit. d AVB Reisegepäck 1992/2008) und der Kernenergie und sonstiger ionisierender Strahlung (Punkt 3.1 lit. e AVB Reisegepäck 1992/2008) scheinen in der Praxis bislang unbedeutend zu sein.

 

Rz. 33

Punkt 3.2 lit. a AVB Reisegepäck 1992/2008 erfasst Schäden, die durch natürliche oder mangelhafte Beschaffenheit, Abnutzung oder Verschleiß verursacht worden sind. Die Schäden müssen direkt aus dem Zustand der versicherten Sache heraus entstanden sein, beispielsweise durch Materialermüdung. Der Ausschluss erfasst nicht Folgeschäden. Will der Reisende einen älteren Koffer auf ein Boot laden und reißt hierbei unvorhersehbar der Griff vom Koffer ab, so dass dieser im Wasser unerreichbar versinkt, dann erstreckt sich die Entschädigungspflicht des Versicherers zwar nicht auf den Koffer, aber auf dessen Inhalt.

 

Rz. 34

Grundsätzlich wird nicht für Schäden Ersatz geleistet, die während des Zeltens oder Campings innerhalb des hierfür benutzten Geländes eintreten (Punkt 3.2 lit. b AVB Reisegepäck 1992/2008). Diese Bedingung betrifft sowohl geregeltes, also auf offiziell ausgewiesenen Plätzen, als auch ungeregeltes Campen in der freien Natur. Wird aber in festen Gebäuden übernachtet (Wartesaal, Jugendherberge oder Bauernscheune), wird man schon begrifflich ein "Camping" nicht mehr annehmen können. Der Ausschluss kann weitgehend durch gesonderte Vereinbarung der Klausel 4 – Camping aufgehoben werden (vgl. Rdn 127).

[39] LG Hamburg VersR 1990, 1234.
[40] In der Regel werden diese Kontrollen nicht mehr durch Beamte, sondern durch private Sicherheitskräfte durchgeführt. Ob man hier noch von einem öffentlich-rechtlichen Verwahrungsverhältnis auszugehen hat, ist strittig, für den Versicherungsschutz jedoch nicht maßgeblich.
[41] LG Frankfurt a.M. NJW 2008, 2273.

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