Rz. 14

Nach der Entbindung dürfen Frauen bis zum Ablauf von acht Wochen, bei Früh- und Mehrlingsgeburten sowie bei Feststellung einer Behinderung innerhalb von acht Wochen nach der Entbindung bis zum Ablauf von zwölf Wochen, nicht beschäftigt werden (§ 3 Abs. 2 MuSchG). Konnte in diesen Fällen die Mutter das Beschäftigungsverbot vor der Entbindung nicht vollständig ausschöpfen, verlängert sich das Beschäftigungsverbot nach der Entbindung um den nicht ausgeschöpften Teil des Beschäftigungsverbotes vor der Entbindung. Im Falle der Feststellung einer Behinderung erfolgt dies aber nur auf Antrag der Mutter.

 

Rz. 15

 

Beispiel

Kommt die Mutter nach Ablauf von drei Wochen des Beschäftigungsverbotes vor der Entbindung nieder, so besteht ein Beschäftigungsverbot nach der Entbindung für die Dauer von insgesamt (drei plus acht =) elf Wochen.

Handelt es sich zusätzlich um eine Frühgeburt, so verlängert sich das Beschäftigungsverbot nach der Entbindung auf (drei plus zwölf =) fünfzehn Wochen.

 

Rz. 16

Wann eine Frühgeburt vorliegt, ergibt sich nicht aus dem Mutterschutzgesetz. Das BAG[1] hat festgestellt, dass im medizinischen Sprachgebrauch eine Frühgeburt eine Geburt vor dem Ende der 37. beziehungsweise 38. Schwangerschaftswoche und ein "Frühgeborenes" ein Kind ist, das mit einem Gewicht von 2.500 g und weniger, lebend geboren wird. Hierzu stellte das Gericht fest, dass die verlängerte Schutzfrist des § 3 Abs. 2 MuSchG in erster Linie der erhöhten Pflegebedürftigkeit des Kindes Rechnung trägt, und Kinder unter 2.500 g in aller Regel besonders pflegebedürftig sind. Hieraus zog das BAG die Konsequenz, dass maßgeblich auf das Geburtsgewicht des Kindes abzustellen sei und nicht auf den Zeitpunkt der Geburt.

 

Rz. 17

Die Beschäftigungsverbote nach der Entbindung setzen voraus, dass es zu einer Entbindung gekommen ist. Entbindung ist jede Trennung der lebenden Leibesfrucht vom Mutterleib.[2] Für alle Zweifelsfälle kann auf die Definitionen des § 31 PStV zurückgegriffen werden. Eine Totgeburt liegt danach vor, wenn das Gewicht des Kindes mindestens 500 g beträgt oder wenn die 24. Schwangerschaftswoche bereits überschritten war. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, spricht man von einer Fehlgeburt. Nach der Rechtsprechung sind auch Tot- und Frühgeburten Entbindungen.[3] Das Beschäftigungsverbot nach der Entbindung gilt deshalb grundsätzlich auch nach Totgeburten.[4] Anderes soll für eine Fehlgeburt gelten.[5] Folgt man dem, so greift kein Beschäftigungsverbot im Fall einer Fehlgeburt. Jedoch wird die Fehlgeburt in aller Regel zu einer Arbeitsunfähigkeit der Mutter und zu Rechten nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz führen. Zudem kann man die analoge Anwendung der Mindestschutzfrist des § 3 Abs. 4 MuSchG erwägen.

 

Rz. 18

Das Beschäftigungsverbot gilt ohne Rücksicht auf den individuellen Zustand der Mutter. Es ist für die Mutter nicht verzichtbar.[6] Eine Ausnahme hierzu ist gem. § 3 Abs. 4 MuSchG dann vorgesehen, wenn das Kind vor, während oder nach der Geburt stirbt. In diesem Fall kann die Mutter jederzeit widerrufbar verlangen, wieder beschäftigt zu werden, wenn medizinische Gründe nicht dagegen sprechen. Eine Beschäftigung ist aber auch in diesem Fall frühestens nach zwei Wochen nach der Entbindung wieder möglich. Die Mutter hat ein ärztliches Attest vorzulegen, das ihr die Arbeitsfähigkeit bescheinigt.

 

Rz. 19

Die Beschäftigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz finden ebenfalls keine Anwendung bei Schwangerschaftsabbrüchen.

 

Rz. 20

 

Hinweis

Im Falle eines rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruches ergeben sich die Rechte der Mutter aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz sowie aus § 24b SGB V.

[1] BAG v. 12.3.1997 – 5 AZR 329/96, AP Nr. 4 zu § 6 MuSchG 1968.
[2] BAG v. 16.2.1973 – 2 AZR 138/72, AP Nr. 2 zu § 9 MuSchG 1968.
[5] BAG v. 16.2.1973 – 2 AZR 138/72, AP Nr. 2 zu § 9 MuSchG 1968.
[6] BAG v. 26.8.1960 – 1 AZR 202/59, AP Nr. 20 zu § 63 HGB.

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