Rz. 45

Im Mittelpunkt der Bewertung von Nachlassgegenständen steht in der Praxis die Frage nach dem Wert von Grundstücken und Immobilien, da diese nicht selten den Großteil des gesamten Nachlasses ausmachen. Bei der Ermittlung von Grundstückswerten durch Schätzung sind, sofern nicht auf einen Verkaufserlös abzustellen ist,[60] die Grundsätze der Immobilienwertermittlungsverordnung abzustellen (ImmoWertV), die die Wertermittlungsverordnung (WertV) zum 1.7.2010 abgelöst hat (§ 24 ImmoWertV). Den Vorzug vor einer nur an allgemeinen Erfahrungswerten orientierten Schätzung hat regelmäßig eine Bewertung, die sich an einem tatsächlichen Verkauf des zu bewertenden Nachlassgegenstandes orientieren kann.[61]

Der Verkehrswert (gemeiner Wert) unbebauter Grundstücke wird nach der ImmoWertV durch Vergleich ermittelt, da in der Regel eine ausreichende Zahl vergleichbarer Kaufpreise zur Verfügung steht.

Für die Bewertung bebauten Grundbesitzes wird auf unterschiedliche Bewertungsmethoden zurückgegriffen. Das Sachwertverfahren wird herangezogen, wenn es um die Bewertung eines eigengenutzten Einfamilienhauses oder einer Eigentumswohnung geht bzw. wenn für potentielle Käufer Herstellungskosten vorrangig sind.[62] Nach dem Sachwertverfahren wird der Wert des Hausgrundstückes ermittelt, indem der Bodenwert (Ermittlung durch Preisvergleich) und der Gebäudewert (Ermittlung über die Kosten der Herstellung des Gebäudes) addiert werden. Bei der Ermittlung des Gebäudewertes sind Ermäßigungsabschläge für Alter, Abnutzung, Schäden etc. vorzunehmen.[63] Die Wertermittlung von Renditeobjekten erfolgt nach dem so genannten Ertragswertverfahren, bei dem der Wert auf der Grundlage marktüblich erzielbarer Erträge ermittelt wird.[64] Man unterscheidet hier das vereinfachte Ertragswertverfahren vom allgemeinen Ertragswertverfahren. Nach der Rechtsprechung des BGH ist es auch zulässig, einen Mischwert aus Ertrags- und Sachwertverfahren zu ermitteln.[65]

 

Hinweis

Der im Rahmen eines Pflichtteilsanspruchs zu bestimmende Wert einer nachlassgegenständlichen Miteigentumshälfte an einem Hausgrundstück entspricht dem hälftigen Wert des Gesamtobjekts, wenn der Alleinerbe bereits Eigentümer der anderen ideellen Miteigentumshälfte ist.[66]

[60] Palandt/Weidlich, § 2311 Rn 6.
[61] Palandt/Weidlich, § 2311 Rn 6; BGH NJW-RR 1993, 131.
[62] Palandt/Weidlich, § 2311 Rn 8.
[63] Vgl. zum Verfahren Drosdzol, ZEV 2010, 403.
[64] BGH NJW 1970, 2018.
[65] BGH NJW-RR 1996, 226.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge