Rz. 205

Bei der Stufenklage handelt es sich um einen Fall der objektiven Klagehäufung i.S.v. § 260 ZPO. Das Besondere an der Stufenklage ist, dass ein noch nicht zu beziffernder Leistungsanspruch zusammen mit einem Hilfsanspruch (bspw. auf Auskunftserteilung) erhoben und dieser in der sich später herausstellenden Höhe auch rechtshängig wird.[390] Der noch unbezifferte Leistungsantrag muss allerdings gestellt werden, eine bloße Ankündigung genügt nicht.[391] Eine Befreiung von der Bezifferungspflicht des § 253 Abs. 2 S. 2 ZPO ist nur dann zulässig, wenn die Auskunft für die Bestimmung der Höhe des Leistungsanspruchs notwendig ist, nicht aber, wenn sie lediglich dazu dient, Informationen für die Durchsetzbarkeit des Leistungsanspruchs zu beschaffen.[392]

Mit einer Stufenklage zur Durchsetzung von Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen wird in der ersten Stufe regelmäßig Auskunft über den Bestand des Nachlasses (§§ 2314, 260 BGB), in der zweiten Stufe die Abgabe einer Versicherung an Eides Statt (§ 260 Abs. 2 BGB) und in der dritten Stufe die Zahlung des Pflichtteils verlangt, dessen Höhe sich unter Zugrundelegung der in der ersten Stufe erhaltenen Auskunft über den Nachlasswert und unter Zugrundelegung der Pflichtteilsquote bestimmt. Je nach Einzelfall wird in einer weiteren Stufe auch der Anspruch auf Wertermittlung geltend gemacht.

Zu beachten ist, dass eine "echte" Stufenklage, für die § 44 GKG gilt, voraussetzt, dass nicht nur Hilfsansprüche auf Auskunft und ggf. Abgabe der eidesstattlichen Versicherung rechtshängig gemacht werden, sondern auch ein Leistungsantrag, dessen spätere Bezifferung vorbehalten bleibt. Eine Stufenklage liegt nicht vor, wenn der Kläger lediglich in der Klagebegründung ankündigt, dass nach der Erteilung der Auskunft ein Zahlungsantrag formuliert und gegen den Beklagten gestellt werde.[393]

 

Hinweis

Wird ein Pflichtteilsergänzungsanspruch im Wege der Stufenklage geltend gemacht, bleibt eine Zwischenfeststellungklage über den Bestand des Pflichtteilsergänzungsanspruchs jedenfalls dann zulässig, wenn durch die Entscheidung über die Auskunftsstufe noch keine materielle Rechtskraft oder innerprozessuale Bindungswirkung erzeugt wird.[394]

 

Rz. 206

Die Bezifferung des Leistungsanspruchs in Höhe eines Mindestanspruchs hindert den Pflichtteilsberechtigten nicht daran, seine Ansprüche im Wege der Stufenklage geltend zu machen.[395] Bis zur Verhandlung über den Leistungsantrag ist der Kläger auch nicht an den vorläufig bezifferten Antrag gebunden.[396] Hat der Pflichtteilsberechtigte bereits über einen bestimmten Teil des Nachlasses und dessen Wert Kenntnis, so kann er bereits eine Teilklage auf den Mindestwert des Pflichtteils erheben und diese mit einer Stufenklage bzgl. des restlichen Teils verbinden.[397] Nach Erteilung der Auskunft und ggf. der Wertermittlung sowie nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung muss der Kläger den Leistungsanspruch sodann beziffern, da ansonsten die Klage als unzulässig abzuweisen ist.[398] In diesem Fall endet auch die Hemmung der Verjährung.[399]

Beim teilweisen Übergang vom Auskunftsanspruch zum Leistungsanspruch liegt eine Änderung des Streitgegenstandes i.S.v. § 264 Nr. 2 ZPO vor und keine Klageänderung. Der Übergang ist auch noch in der Berufungsinstanz möglich, §§ 525, 264 Nr. 2 ZPO.

 

Rz. 207

Muster 7.5: Stufenklage auf Auskunft, Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und Pflichtteilszahlung

 

Muster 7.5: Stufenklage auf Auskunft, Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und Pflichtteilszahlung

An das

Landgericht _________________________

Klage

des _________________________, wohnhaft in _________________________

– Kläger –

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt _________________________

Gegen

_________________________, wohnhaft in _________________________

– Beklagter –

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt _________________________

wegen Auskunft, eidesstattlicher Versicherung und Zahlung des Pflichtteils

vorläufiger Streitwert: _________________________ EUR

Namens und in Vollmacht des Klägers erhebe ich Klage und werde beantragen:

Der Beklagte wird im Wege der Stufenklage verurteilt,

1.

Auskunft über den Bestand des Nachlasses des am _________________________ in _________________________ verstorbenen Erblassers _________________________ zu erteilen; durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses welches folgende Punkte umfasst:

Alle beim Erbfall vorhandenen Sachen und Forderungen (Aktiva),
alle beim Erbfall vorhandenen Nachlassverbindlichkeiten (Erblasser- und Erbfallschulden),
alle ergänzungspflichtigen Zuwendungen die Erblasser zu Lebzeiten getätigt hat,
alle unter Abkömmlingen ausgleichspflichtigen Zuwendungen (§§ 2050 ff. BGB), die der Erblasser zu Lebzeiten an seine Abkömmlinge getätigt hat,
den Güterstand in dem der Erblasser verheiratet gewesen ist.
2. Für den Fall, dass das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt wird, zu Protokoll des Gerichtes an Eides Statt zu versichern, dass er den Bestand des Nachlasses und die darin entha...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge