1. Grundsätze

a) Modifizierende Vereinbarung

 

Rz. 305

Ehegatten können den nachehelichen Unterhalt im Rahmen einer Vereinbarung nach § 1585c BGB auf der Grundlage der gesetzlichen Vorschriften der §§ 1569 ff. BGB ausgestalten und modifizieren.

Dabei behält der nacheheliche Unterhaltsanspruch seinen gesetzlichen Charakter bei. Dies gilt auch, wenn die Vereinbarungen einen Abänderungsausschluss oder Einschränkungen der Abänderungsmöglichkeit nach § 239 FamFG enthalten. Die Rechtsnatur des Unterhaltsanspruchs wird dadurch nicht geändert.[247]

 

Rz. 306

Bei einer Vereinbarung über den nachehelichen Unterhaltsanspruch ist deshalb in der Regel davon auszugehen, dass die Eheleute eine modifizierende Vereinbarung treffen wollen.[248]

Dies sollte zu Beginn der Vereinbarung klargestellt werden wie folgt:[249]

 

Rz. 307

Muster 7.88: Modifizierende Unterhaltsvereinbarung

 

Muster 7.88: Modifizierende Unterhaltsvereinbarung

In Ausgestaltung und Modifizierung des gesetzlichen nachehelichen Unterhaltsrechts treffen wir folgende Unterhaltsvereinbarung:

[247] BGH FamRZ 1988, 933, 935; BGH FamRZ 1991, 673, 674.
[248] Göppinger/Börger/Kilger/Pfeil, 5. Teil Rn 157; Johannsen/Henrich/Büttner, § 1585c Rn 11.
[249] Göppinger/Börger/Kilger/Pfeil, 5. Teil Rn 157.

b) Novierende Vereinbarung

 

Rz. 308

Allerdings steht Ehegatten auch frei, den nachehelichen Unterhalt trotz gegebenem gesetzlichen Unterhaltsanspruchs unabhängig von den gesetzlichen Regelungen der §§ 1569 ff. BGB auf eine eigene vertragliche Grundlage zu stellen (novierende Vereinbarung).[250] Eine solche vertragliche Vereinbarung kann aber nur bei Vorliegen besonderer Anhaltspunkte angenommen werden, wenn beispielsweise ein anderer Regelungsgrund oder ein den Einkommensverhältnissen nicht entsprechender (hoher) Unterhalt festgelegt wird.[251]

 

Rz. 309

Soll tatsächlich – ausnahmsweise – ein rein vertraglicher Anspruch begründet werden, ist dies unbedingt in der Urkunde aufzunehmen, da die Folgen erheblich sein können. So erlischt beispielsweise ein ausschließlich vertraglich begründeter Unterhalt bei einer Wiederheirat des Berechtigten nicht.[252]

 

Rz. 310

Vorteile einer novierenden Unterhaltsvereinbarung:

Der Berechtigte erhält eine Sicherheit, für die vereinbarte Dauer (etwa einer Leibrente) den vereinbarten Betrag zu erhalten;
der Verpflichtete ist sicher, beispielsweise lediglich eine zeitlich befristete Hilfe zum Übergang zu leisten;
für beide Beteiligte kann es vorteilhaft sein, dass die Unterhaltsvereinbarung eine Gegenleistung für ein Entgegenkommen des Ehegatten beim Zugewinnausgleich oder Versorgungsausgleich darstellt und sodann unter Vermeidung des Abzugsverbots des § 12 Abs. 2 EStG als entgeltliche Verpflichtung steuerlich abzugsfähig gestaltet werden kann.
 

Rz. 311

Die Nachteile einer novierenden Unterhaltsvereinbarung:

Die Sicherheit einer solchen Vereinbarung wird begrenzt durch eine mögliche Sittenwidrigkeit der Abrede. Hiervon ist auszugehen,[253] wenn durch die Unterhaltsabrede bewirkt wird, dass der über den gesetzlichen Unterhalt hinaus zahlungspflichtige Ehegatte finanziell nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern und deshalb ergänzender Sozialleistungen bedarf.

[250] Grundlegend dazu BGH FamRZ 2014, 912; BGH FamRZ 2012, 1242.
[251] BGH FamRZ 2015, 1694; BGH FamRZ 1991, 673; BGH FamRZ 1997, 544.
[252] Vgl. z.B. OLG Koblenz FamRZ 2002, 1040 bei Vereinbarung einer Leibrente.

2. Die unterhaltsverstärkende Vereinbarung

 

Rz. 312

Durch das am 1.1.2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsänderungsgesetz wurden durch eine Neufassung des § 1578b BGB die Möglichkeiten einer Befristung des nachehelichen Unterhalts stark erweitert. Seitdem ist in der Folge zunächst zu prüfen, ob ehebedingte Nachteile vorliegen. Entstehen durch eine entsprechende Rollenübernahme während der Ehe Erwerbsnachteile, wird in diesem Umfang grundsätzlich Unterhalt nicht befristet. Liegen solche Nachteile nicht vor, ist in einer Billigkeitsprüfung festzustellen, ob Grundsätze nachehelicher Solidarität einen unbefristeten Unterhalt erfordern. Dies ist z.B. bei einer, aus verschiedenen Gründen eingetretenen, starken Verflechtung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Fall.

Zu diesen Gründen gehört neben anderen Kriterien auch die Länge der Ehezeit. Zwar führt die Dauer der Ehe "nicht zwangsläufig" zu einem Nachteil.[254] Die Ehedauer stellt allerdings im Regelungszusammenhang des § 1578b Abs. 1 S. 3 BGB "ein Indiz"[255] für die zunehmende Verflechtung der beiderseitigen Verhältnisse dar. Die Ehedauer gewinnt durch eine wirtschaftliche Verflechtung insoweit an Gewicht.[256] Zwar können auch Ehen langer Dauer ohne jegliche weiteren Kriterien ausnahmsweise nicht zu einem unbegrenzten Unterhaltsanspruch führen, doch wird bei langjährigen Ehen regelmäßig eine wirtschaftliche Verflechtung anzunehmen sein.

 

Rz. 313

Schließlich ist durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz zum 1.1.2008 hinsichtlich des Betreuungsunterhalts für gemeinsame Kinder, die aus einer Ehe hervorgehen, mit Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes der Vorrang der Fremdbetreuung eingeführt worden. Im Umfang...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge