Rz. 315

Die Tatsache, dass der die gemeinsamen Kinder betreuende Elternteil mit Ablauf des dritten Lebensjahres des jüngsten Kindes verpflichtet ist, im möglichen Umfang der Fremdbetreuung des Kindes einer Arbeitstätigkeit nachzugehen, wird von manchen Partnern als für die Kinder nicht förderlich angesehen. Diese Eltern können sich natürlich dafür entscheiden, der gesetzlichen Regelung nicht zu folgen und eine umfangreichere Möglichkeit der Kinderbetreuung zu ermöglichen.

 

Rz. 316

Es liegt in diesem Zusammenhang nahe, z.B. miteinander ein Altersphasenmodell zu vereinbaren, welcher Art auch immer.

Dieses Modell, nach den Entscheidungen des BGH etwas respektlos 0–8–15-Modell genannt, ging davon aus, dass es für das Kind in unterschiedlichen Altersphasen mehr oder eben weniger stark erforderlich ist, von dem mit ihm zusammenlebenden Elternteil persönlich betreut zu werden. Nach der Rechtsprechung des BGH sollte deshalb ab dem Alter von 8 Jahren des Kindes zumutbar sein, halbtags zu arbeiten,[257] ab 15 Jahren vollzeitlich.[258] Von dieser Richtlinie waren die Oberlandesgerichte zum Teil ganz erheblich abgewichen.[259]

So galt beispielsweise für den Bereich des OLG Celle, dass die Aufnahme von Arbeitstätigkeit (halbtags) erst nach Beendigung der Grundschule des Kindes zumutbar war. Im Bereich des – benachbarten – OLG Bremen erschien dies bereits mit Beginn des 3. Schuljahres möglich. Das – ebenfalls benachbarte – OLG Oldenburg war – bei mehr als einem Kind – sogar der Auffassung, dass das jüngste Kind das 13. Lebensjahr vollendet haben müsse, bevor eine halbtägige Arbeitstätigkeit zumutbar war.[260]

 

Rz. 317

Grundsätzlich galt immerhin gemeinsam, dass kleinere Kinder in stärkerem Umfang der persönlichen Betreuung bedurften und deshalb bei kleineren Kindern eine geringere Zumutbarkeit hinsichtlich einer Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils gegeben war.

Dieser Auffassung sind viele – potentielle – Eltern auch heute. Deshalb wird gerade im Hinblick auf Betreuungsunterhalt eine – verstärkende – Vereinbarung im Ehevertrag und/oder der Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung gesucht werden. In notarieller Urkunde lautet die Kernformulierung wie folgt:

Muster 7.89: Vereinbarung von 0–8–15-Unterhalt

 

Muster 7.89: Vereinbarung von "0–8–15-Unterhalt"

In Abweichung von etwaigen gesetzlichen oder von der obergerichtlichen Rechtsprechung als angemessen erachteten zeitlichen Verpflichtung zur Zahlung von Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB vereinbaren wir, dass der Erschienene zu 1) als Unterhaltsverpflichteter an die Erschienene zu 2) Betreuungsunterhalt zu zahlen hat, bis das jüngste unserer Kinder das 15. Lebensjahr vollendet hat. Ab der Vollendung des 8. Lebensjahres des jüngsten unserer Kinder halten wir eine halbschichtige Erwerbstätigkeit für zumutbar und angemessen. Eine derzeit nicht vorhandene, aber nicht auszuschließende krankheitsbedingte zusätzliche Betreuungsbedürftigkeit des oder der Kinder kann die Betreuungszeit verlängern.

 

Rz. 318

Entscheidend für den vertraglich geregelten Inhalt ist ausschließlich, ob der Vertrag eine – sittenwidrige – nicht hinnehmbare Gewichtung zu Lasten des potentiell Unterhaltsberechtigten enthält. Dies ist zu den beiden Zeitpunkten Abschluss des Vertrages (Inhaltskontrolle) und Geltendmachung der Rechte aus dem Vertrag (Ausübungskontrolle) zu prüfen.

 

Rz. 319

Grundsätzlich wirken die Regeln des sog. Altersphasenmodells zugunsten des betreuenden Ehegatten. Der BGH hatte im Vergleich zu den Regelungen des Altersphasenmodells die Möglichkeit der häuslichen Betreuung durch einen der Elternteile gerade eingeschränkt. Er hatte den Vorrang persönlicher Betreuung mit der Begründung aufgegeben, dass die außerhäusliche Erziehung des Kindes durch weitere soziale Kontakte für seine Entwicklung ab einem Lebensalter von etwa drei Jahren förderlich sei und der betreuende Elternteil während der daraus resultierenden Abwesenheit des Kindes arbeiten könne.[261]

Wird daher ein Altersphasenmodell vereinbart, begegnet dies keinen inhaltlichen Bedenken.

[257] BGH FamRZ 1983, 146; BGH FamRZ 1988, 145; BGH FamRZ 1989, 487; BGH FamRZ 1997, 671.
[258] BGH FamRZ 1988, 56; BGH FamRZ 1997, 671.
[259] Vgl. die früheren Leitlinien, Ziff. 17.1.1.; FamRZ 2005, 1365.
[260] Vgl. die früheren Leitlinien, Ziff. 17.1.1.
[261] Vgl. die Begründung im Regierungsentwurf, BR-Drucks 253/06, 26 + 58.

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