Rz. 218

Die gemeinsame Sorge wächst den Eltern aufgrund vor- oder nachgeburtlicher Eheschließung gemeinsam zu (§ 1626a Abs. 1 Nr. 2 BGB).[176]

Eine gemäß § 1626a BGB bestehende Alleinsorge der Mutter verwandelt sich von Gesetzes wegen in eine gemeinsame Sorge der Eltern.[177]

Gleiches gilt für eine gemäß § 1672 BGB dem Vater übertragene Alleinsorge.[178]

 

Rz. 219

Voraussetzung ist allerdings, dass Mutterschaft und Vaterschaft feststehen. Ohne Vaterschaftsfeststellung ändert sich an der Alleinsorge der Mutter auch durch Heirat der biologischen Eltern zunächst nichts. Wird die Vaterschaft später festgestellt, wirkt sie auf den Zeitpunkt der Eheschließung zurück.

 

Rz. 220

War jedoch der Mutter zu diesem Zeitpunkt bereits die Personen- oder Vermögenssorge nach § 1666 BGB teilweise entzogen, so wächst die elterliche Sorge dem Vater nur in dem Umfang zu, wie sie der Mutter selbst zustand.[179] Das Familiengericht kann jedoch dem Vater die elterliche Sorge gem. §§ 1696, 1680 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 BGB in vollem Umfang übertragen, wenn dies dem Wohle des Kindes entspricht.[180]

Entsprechendes gilt, wenn der Mutter vor Eheschließung das Sorgerecht gem. § 1666 BGB vollständig entzogen war.[181]

 

Rz. 221

§ 1626b Abs. 3 BGB gilt im Falle der Heirat nicht, weshalb der Vater das gemeinsame Sorgerecht auch dann erlangt, wenn es zuvor gem. § 1671 BGB der Mutter übertragen worden war.[182]

Grundsätzlich ist es im Falle bevorstehender oder bereits erfolgter Eheschließung nicht erforderlich, Vereinbarungen betreffend die elterliche Sorge für vorehelich geborene gemeinsame Kinder zu schließen.

Ist jedoch einem Elternteil die elterliche Sorge zum Teil entzogen gewesen, kann die Aufnahme dieses Problems in eine sonstige Vereinbarung sinnvoll sein.

 

Rz. 222

Dies könnte in entsprechenden Fällen wie folgt formuliert werden.

Muster 7.69: Vereinbarung gemeinsamer elterlicher Sorge bei Teilentzug

 

Muster 7.69: Vereinbarung gemeinsamer elterlicher Sorge bei Teilentzug

Verhandelt am _________________________

Zu _________________________

Vor mir, dem unterzeichnenden Notar im Bezirk des Oberlandesgerichts _________________________

_________________________

erscheinen

1. Herr Claus A. _________________________, geb. am _________________________, wohnhaft _________________________

2. Frau Birgitta B. _________________________, geb. am _________________________, wohnhaft ebenda

ausgewiesen durch _________________________.

Die Frage des beurkundenden Notars nach einer Vorbefassung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG wurde von den Erschienenen verneint. Der beurkundende Notar erläuterte die vorgenannte Vorschrift.

Die Erschienenen baten den Notar um die Beurkundung eines

Ehevertrages

und erklärten vorab:

§ 1 Ausgangslage

Wir, die Erschienenen zu 1 und 2, sind miteinander verlobt und wollen am _________________________ die Ehe miteinander schließen.

Der Ersch. zu 1 ist von Beruf Bankkaufmann,

die Ersch. zu 2 ist von Beruf Hotelfachfrau.

Aus unserer Verbindung ist das nunmehr 4 Jahre alte Kind K hervorgegangen. Eine Sorgeerklärung ist nicht erfolgt.

Mir, der Ersch. zu 2, ist durch Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in _________________________ vom _________________________ die Vermögenssorge für unser Kind entzogen worden.

Durch unsere Eheschließung erlangt der Ersch. zu 1 die elterliche Sorge lediglich im Umfang der elterlichen Sorge der Ersch. zu 2.

Im Hinblick hierauf vereinbaren wir für unsere Ehe, was folgt.

§ 2 Elterliche Sorge

1. Wir, die Erschienenen, werden bei dem Amtsgericht – Familiengericht in _________________________ darum ersuchen, dem Ersch. zu 1 das vollständige Sorgerecht zu übertragen, da der Ersch. zu 1 durch seinen Beruf in der Lage ist, die Vermögenssorge für unser Kind zu übernehmen.

2. Die Ersch. zu 2 wird entsprechende Regelungsanträge des Ersch. zu 1 unterstützen.

§ 3 (ggf. weitere Vereinbarungen)

_________________________

§ 4 Hinweise, Durchführung

Der Notar hat die Erschienenen über die Bedeutung, die rechtliche Tragweite, insbesondere die Rechtsfolgen und die Auswirkungen der Vereinbarung zur elterlichen Sorge sowie _________________________ abschließend noch einmal ausführlich belehrt. Beide Erschienenen sind sich der Tragweite der getroffenen Vereinbarungen bewusst und wünschen gleichwohl die Beurkundung der Vereinbarung auch unter Inkaufnahme möglicher zukünftig daraus erwachsener Nachteile.

… (ggf. weitere abschließende Hinweise/Durchführung) …

(Urkundsausgang, Unterschriften)

[177] Johannsen/Henrich/Jaeger, § 1626a Rn 8.
[178] Staudinger/Coester, § 1626a Rn 19.
[179] BGH FamRZ 2005, 1469; FamRZ 2010, 1242.
[181] BGH FamRZ 2005, 1469, 1470; OLG Nürnberg FamRZ 2000, 1035; Staudinger/Coester, § 1626a Rn 26.
[182] OLG Düsseldorf FamRZ 2010, 385; PWW-Ziegler, § 1626a Rn 4.

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