Rz. 143

Nach h.M. können die Drittbestimmungsmöglichkeiten der §§ 2151, 2153 und 2156 BGB auch kombiniert werden (sog. "Supervermächtnis"[185]).[186] Eine solche Gestaltung bietet sich vor allen Dingen an, um im Falle eines Berliner Testaments bei einem Überschreiten der Erbschaftsteuerfreibeträge eine Beteiligung der Abkömmlinge am elterlichen Vermögen und damit das Ausnutzen deren Erbschaftsteuerfreibeträge nach dem erstversterbenden Elternteil auch dann zu ermöglichen, wenn sich die Eltern bei Testamentserrichtung noch nicht festlegen wollen, welche Vermögenswerte welches Kind erhalten soll. Die erbschaftsteuerliche Berücksichtigung der Vermächtnisse erfolgt im Fall des Supervermächtnisses nicht bereits beim Erbfall, sondern erst nach Bestimmung und u.U. Erfüllung.[187] Die Fälligkeit der Vermächtnisse darf nicht an den Tod des Beschwerten geknüpft werden, da gemäß § 6 Abs. 4 ErbStG beim Tod des Beschwerten fällige Vermächtnisse wie Nacherbschaften behandelt werden; das Ziel einer optimalen Ausnutzung der Freibeträge nach beiden Elternteilen wird dann wegen des doppelten steuerlichen Zugriffs bzw. der Anrechnung des Vermächtnisgegenstandes auf den Freibetrag nach dem längerlebenden Elternteil nicht erreicht. Die Fälligkeit sollte somit zu einem Zeitpunkt eintreten, der kürzer ist als die durchschnittliche Lebenserwartung des Längerlebenden.

 

Formulierungsbeispiel: Supervermächtnis

Der Erstversterbende beschwert den Längerlebenden als Erben mit folgendem Zweckvermächtnis gemäß §§ 2151 ff., 2156 BGB zugunsten der gemeinsamen Kinder (…) und (…).

Zweck des Vermächtnisses (§ 2156 BGB) ist es,

allen oder einzelnen Vermächtnisnehmern eine Abfindung dafür zu gewähren, dass sie beim ersten Erbfall lediglich Ersatzerben sind,
eine möglichst gerechte und wirtschaftlich sinnvolle Vermögensverteilung zu erreichen und
dem Längerlebenden und den Bedachten das Ausnutzen der erbschaftsteuerlichen Freibeträge zu ermöglichen.

Dem Beschwerten steht das Bestimmungsrecht zu. Er ist berechtigt, die von ihm geschuldete Leistung nach billigem Ermessen – insbesondere auch unter Berücksichtigung seines eigenen Versorgungsinteresses – zu bestimmen (§ 2156 BGB) sowie festzulegen, wer aus dem vorstehend festgelegten Kreis der Vermächtnisnehmer etwas erhält (§ 2151 BGB), ob er etwas erhält und was und wann der jeweils Bedachte etwas erhält (§§ 2151, 2156 BGB).

Das Vermächtnis fällt mit dem Tod des Erstversterbenden an. Die Erfüllung des Vermächtnisses hat spätestens bis zum Ablauf von drei Jahren ab nachlassgerichtlicher Eröffnung dieses Testamentes zu erfolgen; bis dahin ist der Zeitpunkt der Erfüllung gemäß § 2181 BGB in das freie Belieben des Beschwerten gestellt. Der Beschwerte kann das Vermächtnis auch durch mehrere zeitlich auseinanderfallende Einzelleistungen erfüllen.

[185] Zurückgehend auf S. Schmidt, BWNotZ 1998, 97 im Anschluss an Keller, BWNotZ 1970, 49; Begriff nach Langenfeld, JuS 2002, 351.
[186] Nieder/Kössinger/R. Kössinger, § 6 Rn 208 f.; J. Mayer, FPR 2013, 317; eingehend zur (nicht unumstrittenen) Zulässigkeit eines solchen Vermächtnisses Keim, ZEV 2016, 6 m.w.N.
[187] Nieder/Kössinger/R. Kössinger, § 6 Rn 209.

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