Rz. 202

Der Nießbrauch an Personengesellschaftsbeteiligungen ist eine Form des Nießbrauchs an einem Recht (§§ 1030, 1069 ff. BGB).

Wird der Nießbrauch am Gesellschaftsanteil selbst und nicht am Vermögen der Gesellschaft bestellt, bedarf es hierzu der Zustimmung aller Gesellschafter (§§ 1069 Abs. 2, 719 BGB) oder der Zulassung im Gesellschaftsvertrag.[225] Einen Verstoß gegen das Abspaltungsverbot sieht der BGH[226] darin nicht, da nur die Ausübung einzelner Gesellschafterrechte geregelt wurde. Allerdings erlischt der Nießbrauch, wenn der Gesellschaftsanteil selbst durch Vereinigung aller Gesellschaftsanteile in eine Hand untergeht.[227] Der Nießbrauch kann und sollte wegen des Haftungsprivilegs der §§ 171, 172 HGB ins Handelsregister eingetragen werden.[228]

 

Rz. 203

Schwierig ist die Beantwortung der Frage, welche Gesellschafterrechte dem Nießbraucher und welche dem Gesellschafter zustehen. Diese Frage muss insbesondere für das Gewinnbezugsrecht, das Stimmrecht und die sonstigen Mitwirkungsrechte entschieden werden.

Dem Nießbraucher steht der gesellschaftsvertraglich entnahmefähige Gewinn zu. Der stimmberechtigte Gesellschafter ist nicht verpflichtet, auf eine umfassende Gewinnausschüttung hinzuwirken; insbesondere kann er außerordentliche Erträge zur Stärkung des Eigenkapitals in der Gesellschaft thesaurieren (Kapitalkonto II. Rücklagenkonto). Da Einzelheiten strittig sind, empfiehlt sich eine detaillierte Regelung.[229]

 

Rz. 204

Das Stimmrecht könnte für die Grundlagengeschäfte (z.B. Feststellung, Jahresabschluss/Gewinnverwendung) dem Gesellschafter und für die laufenden Geschäfte dem Nießbraucher zustehen. Eine Entscheidung des BGH zur WEG streitet aber dafür, das Stimmrecht allein dem Gesellschafter zuzuordnen.[230]

Auch das Recht zur Geschäftsführung fällt nach h.M. an den Gesellschafter. Demgemäß gehen auch die Informations- und Kontrollrechte (§§ 118, 166 HGB, § 716 BGB) nicht auf den Nießbraucher über. Allerdings steht dem Nießbraucher ein eigenes Informationsrecht gegen die Gesellschaft aus § 242 BGB zu.

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Da die Rechtsstellung des (dinglichen) Nießbrauchsberechtigten in vielerlei Hinsicht zweifelhaft ist, muss der Berater Regelungen vorschlagen, die auch umfassend als zulässig angesehen werden, soweit dem Gesellschafter nur ein Kernbereich an Mitwirkungsrechten verbleibt.

[225] OLG Düsseldorf DNotZ 1999, 440.
[226] BGHZ 58, 316; MittRhNotk 1999, 250 ff.
[227] OLG Schleswig ZIP 2006, 615; der Nießbrauch setzt sich dann kraft Surrogation am Abfindungsanspruch fort (§ 1075 BGB).
[228] OLG Oldenburg MittBayNot 2016, 65; OLG Stuttgart DNotZ 2013, 793; a.M. allerdings OLG München RNotZ 2016, 608.
[229] Formulierungsvorschläge bei Krauß, Rn 1483, 1485, 1488.

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