Rz. 26

Angesprochen ist der Fall des § 137 Abs. 4 FamFG. Diese Fälle sind in der Praxis äußerst selten. Die Konstellation, dass ein Verfahren selbstständig eingeleitet wird und sodann nach Beginn des Scheidungsverfahrens nicht mehr eine sofortige Entscheidung beantragt wird, sondern nur noch eine Entscheidung "für den Fall der Ehescheidung", kommt kaum vor. Dieser Fall ist zu unterscheiden von dem Fall, dass die Voraussetzungen des § 137 Abs. 4 FamFG nicht vorliegen und die vorher selbstständige Sache selbstständig bleibt, nur an das Gericht der Ehesache wegen örtlicher Zuständigkeit verwiesen wird.

Letzteres bedeutet, dass gebührenrechtlich die Einheit zwischen dem ersten Verfahrensteil und dem zweiten – dem Verfahrensteil am Ort des Scheidungsverfahrens – Verfahren vorliegt und die Gebühren einmal anfallen.

Ersteres – also die Einbeziehung in den Verbund – wird entsprechend § 147 ZPO geregelt. Es findet die gesonderte Abrechnung des vorherigen Verfahrens statt (im Fall des Kindesunterhalts mit dem Wert aus § 45 FamGKG); in diesen Fällen hat der Anwalt ein Wahlrecht, ob er die beiden Verfahren isoliert abrechnen will, einerseits den Verbund und andererseits das einbezogene Verfahren oder ob er nur den Verbund mit dem einbezogenen Verfahren abrechnet.[13]

 

Rz. 27

 

Beispiel zu Fall 4

Es ist ein Verfahren über Kindesunterhalt von monatlich 400,00 EUR anhängig. Nachdem dort mündlich verhandelt wurde, wird der Scheidungsantrag eingereicht und das Unterhaltsverfahren an das Gericht der Ehescheidung verwiesen und mit den Antrag, den Unterhalt für den Fall der Ehescheidung zu regeln, dort in den Verbund gebracht (Wert des Ehescheidungsverfahrens 6.000,00 EUR).

 
Verbundverfahren  
1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG  
(Wert: 10.800,00 EUR) 785,20 EUR
1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG  
(Wert: 10.800,00 EUR) 724,80 EUR

Der Anwalt kann stattdessen die Verfahren getrennt abrechnen.

 
Ehescheidung  
1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG  
(Wert: 6.000,00 EUR) 460,20 EUR
1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG  
(Wert: 6.000,00 EUR) 424,80 EUR
 
Unterhaltsverfahren  
1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG  
(Wert: 4.800,00 EUR) 393,90 EUR
1,2 Terminsgebühr Nr. 3100 VV RVG  
(Wert: 4.800,00 EUR) 363,60 EUR

Der Anwalt hat das Wahlrecht.[14]

[13] BGH JurBüro 2010, 414; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV 3100 Rn 57 ff., 40 ff. mit Rechenbeispielen; Enders, Rn 2078 f. und Enders, JurBüro 2010, 449.
[14] AnwK-RVG/Wahlen/Volpert/Fölsch/Mock/N. Schneider/Thiel, § 16 Rn 88 ff. mit Rechenbeispielen.

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