Rz. 41

Liegen Anhaltspunkte vor, die die Einnahme von "harten" Drogen nahelegen, so hat die Behörde ein ärztliches Gutachten nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FeV anzuordnen. Ein medizinisches Gutachten reicht aus, da nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV für die Frage der Ungeeignetheit nur der Konsum von harten Drogen zu klären ist. Das ist lediglich eine medizinische Fragestellung, für die ein ärztliches Gutachten ausreicht.

 

Beispiele

Bei einer Kontrolle gibt ein Betroffener an, die bei ihm gefundenen "harten" Drogen auf einem Rockkonzert konsumieren zu wollen, aber mit der Verkehrsteilnahme danach eine Woche zu warten. Oder: Auf einem Video ist zu sehen, wie ein bekannter Fernsehmoderator ein weißes Pulver "schnupft" und hierzu jede Aussage verweigert. Die Anordnung der Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist in diesen Fällen schon von § 14 Abs. 1 S. 1 FeV nicht umfasst, der nur von der Anordnung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens spricht. Es wäre auch unverhältnismäßig, da nicht erforderlich, zur Klärung nur einer medizinischen Fragestellung ein medizinisch-psychologisches Gutachten zu verlangen, da eine medizinische Untersuchung weniger in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen eingreift als eine medizinisch-psychologische Untersuchung.[70]

 

Rz. 42

Das Gleiche gilt auch, wenn der widerrechtliche Besitz von Drogen festgestellt wird. Nach § 14 Abs. 1 S. 2 FeV ist in diesem Fall die Anforderung eines ärztlichen Gutachtens in das Ermessen der Behörde gestellt, das diese auch ausüben muss. Regelmäßig wird aber bei "harten" Drogen wegen der negativen Auswirkung dieser Drogen auf die Verkehrssicherheit und das große Suchtpotential eine entsprechende Gutachtensanforderung vorzunehmen sein.

 

Beispiel

Bei einer Kontrolle am Hauptbahnhof wird bei einem Führerscheininhaber der Besitz "harter" Drogen festgestellt, wobei der Betroffene aber keinerlei Aussagen macht. Das ist etwa der Fall, wenn dem polizeilichen Bericht nur zu entnehmen ist, dass der Betroffene 0,5 Gramm Kokain besessen hat. Einen hinreichend sicheren Schluss auf früheren oder späteren Konsum von Rauschmitteln lässt der einmalige Besitz von 0,5 Gramm Kokain nicht zu. Die Rechtsprechung zum einmaligen Kokainkonsum kommt hier noch nicht zum Tragen, da der Konsum noch nicht belegt ist. Wird der betroffene Kraftfahrer in einem solchen Fall aufgefordert, zur Klärung von Eignungszweifeln eine MPU beizubringen, so ist diese Aufforderung rechtswidrig. Mit Blick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hat die Behörde hier zunächst ein Drogenscreening anzuordnen, um zu klären, ob der betroffene Kraftfahrer Kokain oder andere Rauschmittel konsumiert. Anders ist die Sachlage nur, wenn der Kraftfahrer bereits wegen mehrfachen Besitzes geringer Mengen von Rauschmitteln auffällig geworden wäre.[71]

[70] BVerfG v. 24.6.1993, BVerfGE 89, 69 = NJW 1993, 2365.
[71] VG Frankfurt a.M., Beschl. v. 29.3.1999 – 12 G 82/99(1), zfs 2000, 232.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge