Rz. 35

Es war in der Vergangenheit immer wieder strittig, bis wann ein Beratungshilfeantrag gestellt werden konnte. Das Gesetz sah selbst bis 31.12.2013 keine Frist für die Antragstellung vor. So hat das AG Koblenz einen Antrag noch ein Jahr nach der letzten erkennbaren Tätigkeit des Rechtsanwalts für zulässig erachtet.[23]

 

Rz. 36

Hansens hält die Auffassung für falsch, das Datum der Erklärung über die wirtschaftlichen Verhältnisse müsse vor dem Tag der ersten Beratung durch den Rechtsanwalt liegen,[24] da es hierfür keine Rechtsgrundlage gibt.[25]

 

Rz. 37

Zum 1.1.2014 hat der Gesetzgeber in § 6 Abs. 2 BerHG[26] klare geregelt, dass der Antrag spätestens vier Wochen nach Beginn der Beratungshilfetätigkeit gestellt sein muss.

 

§ 6 BerHG:

"(2) Wenn sich Rechtsuchende wegen Beratungshilfe unmittelbar an eine Beratungsperson wendet, kann der Antrag auf Bewilligung der Beratungshilfe nachträglich gestellt werden. In diesem Fall ist der Antrag spätestens vier Wochen nach Beginn der Beratungshilfetätigkeit zu stellen."

 

Rz. 38

 

Praxistipp

Sofern überhaupt in die Beratung/Vertretung im Wege der Beratungshilfe eingestiegen wird, bevor der entsprechende Berechtigungsschein vorliegt, wird empfohlen, den Auftraggeber unterzeichnen zu lassen, dass er auf diese Frist hingewiesen wurde und im Falle der Nichtbeibringung der Unterlagen, die zu einer Fristversäumung führt, bereit ist, die gesetzlichen Gebühren zu bezahlen (Hinweis: Dann aber für Beratungen i.S.d. § 34 RVG Vereinbarungen treffen!).

 

Rz. 39

Für den "Beginn der Beratungshilfetätigkeit" in § 6 Abs. 2 BerHG ist nach Ansicht des AG Königswinter "eine Tätigkeit der Beratungsperson in Form einer rechtlichen Beratung, das heißt einer rechtlichen Prüfung des Einzelfalls, erforderlich."[27]

 

Rz. 40

 

Hinweis

Wird im Fall nachträglicher Antragstellung Beratungshilfe nicht bewilligt, kann der Rechtsanwalt vom Rechtssuchenden seine Vergütung nach den allgemeinen Vorschriften verlangen, wenn er den Rechtssuchenden bei Mandatsübernahme hierauf hingewiesen hat, § 8a Abs. 4 BerHG n.F. (siehe Rdn 62 ff. unten).

 

Rz. 41

Ist die Beratungshilfegebühr nach Nr. 2500 VV RVG bereits vom Auftraggeber geleistet worden (15,00 EUR brutto), ist diese anzurechnen, § 8a Abs. 2 S. 2 BerHG.

 

Rz. 42

 

Praxistipp

Rechtsanwälte sollten Beratungshilfe im Hinblick auf die starre Frist nur erteilen, wenn zuvor vom Rechtssuchenden selbst bei dem zuständigen Amtsgericht ein Berechtigungsschein eingeholt wurde. Auch weite Wege zum nächsten Amtsgericht rechtfertigen nicht die nachträgliche schriftliche Antragstellung durch den Anwalt. Auch der Auftraggeber kann die Erteilung des Berechtigungsscheins per Post beantragen. Die entsprechenden Formulare gibt es kostenfrei im Internet z.B. unter www.justiz-nrw.de (nachstehende Button klicken: Bürgerservice – Lebenslagen – Verfahren und Prozess – Formulare – Beratungshilfe – oder gleich unter: https://www.justiz.nrw.de/BS/formulare/beratungshilfe/index.php – letzter Abruf: 18.5.2023).

[23] AG Koblenz JurBüro 2004, 38; ebenso: AG Sinzig BRAGOreport 2001, 39.
[24] So aber: LG Hannover FamRZ 2000, 1230; Kreppel, Rpfleger 1986, 87.
[25] Hansens/Braun/Schneider, Teil 6 Rn 28; ebenso: OLG Oldenburg BRAGOreport 2001, 14; N. Schneider, BRAGOreport 2000, 38.
[26] Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts (PKHuBerHÄndG k.a.Abk.) Art. 2 – G. v. 31.8.2013, BGBl I S. 3533 (Nr. 55); Geltung ab 1.1.2014.
[27] AG Königswinter, Beschl. v. 29.12.2014 – 4 II 525/14 NJW-RR 2018, 384 = FamRZ 2015, 950.

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