Rz. 21

Zu den klassischen Modellen beim Auslandseinsatz zählt die echte Entsendung, bei der der Arbeitnehmer im Ausland keinen weiteren Arbeitsvertrag eingeht, sondern wie bei der Arbeitnehmerüberlassung in eine fremde Organisation nur faktisch und nur partiell eingegliedert wird, um dort vorübergehend zu arbeiten. Die Einsatzorganisation kann eine unselbstständige Repräsentanz oder Niederlassung des Arbeitgebers selbst sein, ein konzernzugehöriges Unternehmen oder eine rechtlich nicht verbundene Drittgesellschaft, mit der z.B. ein Joint-Venture besteht.

 

Rz. 22

Die Entsendung, z.T. auch als Delegation oder Abordnung bezeichnet, stellt, und dies wird sehr häufig verkannt, eine befristete Änderungsvereinbarung über die Modifizierung der Hauptpflichten der Arbeitsvertragsparteien dar. Als wesensimmanente Änderung tritt immer die vorübergehende Verlagerung des Arbeitsortes in das Einsatzgebiet auf. Außerdem können, müssen jedoch nicht, auch die weiteren essenziellen Pflichten geändert werden, nämlich der Arbeitsinhalt, die Arbeitszeiten und die Vergütung. Als Checkliste dient § 2 Abs. 2 NachwG, der neben der Aufnahme der Dauer der Auslandstätigkeit in den Arbeitsvertrag auch das mit dem Auslandsaufenthalt verbundene zusätzliches Entgelt inklusive Angabe der Währung sowie die Aufnahme der Rückkehrbedingungen des Arbeitnehmers vorschreibt.

 

Rz. 23

Zu beachten ist, dass die Entsendung als befristete Änderung wesentlicher Vertragsbedingungen der Befristungskontrolle für Arbeitsvertragsteile unterliegt, also nicht den Regelungen des TzBfG. Vielmehr unterliegt sie der Klauselkontrolle der, zugegeben divergierenden Rspr. des BAG, d.h. entweder der traditionellen Sachbefristungskontrolle des 7. Senats (BAG v. 8.8.2007 – 7 AZR 855/06), wonach die Wertungen des TzBfG bei der Auslegung und Anwendung des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB bei der befristeten Änderung von Arbeitsbedingungen zu berücksichtigen sind (BAG v. 2.9.2009 – 7 AZR 233/08), oder der neueren Klauselkontrolle, die auf der Rspr. des 5. Senats aufbaut (BAG v. 27.7.2005 – 7 AZR 486/04; bestätigt durch BAG v. 18.6.2008 – 7 AZR 245/07) und nach den Billigkeitsregelungen einer klassischen AGB-Inhaltskontrolle erfolgt.

 

Rz. 24

Da Entsendevereinbarungen keine selbstständigen Arbeitsverträge sind, sondern nur unselbstständige Nebenabreden, können sie, jedenfalls nach deutschem Recht, auch nicht isoliert gekündigt werden. Es gilt das Verbot der Teilkündigung. Kündigungsregelungen, die man oft in Entsendeverträgen antrifft, sind schlicht unwirksam und aufgrund der AGB-Kontrolle auch nur selten durch Umdeutung in z.B. eine Widerrufsklausel aufrechtzuerhalten.

 

Rz. 25

Muster 66.2: Befristeter Entsendevertrag

 

Muster 66.2: Befristeter Entsendevertrag

Befristeter ENTSENDUNGSVERTRAG

Zwischen der

_________________________ GmbH

– im Folgenden "Firma" genannt –

und

Herrn/Frau

_________________________

– im Folgenden "Angestellter" genannt –

wird in Ergänzung des Arbeitsvertrages vom _________________________ folgender befristeter Entsendungsvertrag geschlossen:

§ 1

Beginn des Entsendungsverhältnisses und Art der Tätigkeit

Der Angestellte wird in der Zeit vom Datum bis einschließlich Datum als Leiter Vertrieb der _________________________ -Repräsentanz Kanada befristet nach Kanada entsandt. Der befristete Entsendungsvertrag endet am Datum, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

Für die Dauer der Entsendung nach Kanada ergänzt dieser befristete Entsendungsvertrag den bisherigen Arbeitsvertrag des Angestellten mit der Firma.

Bei Ablauf dieses Vertrages – auch bei vorzeitiger Beendigung – wird die inländische Beschäftigung fortgesetzt.

Die Firma behält sich vor, Einzelheiten in einer Stellenbeschreibung (s. Anlage I) zu konkretisieren.

Die Firma ist berechtigt, wenn es das Geschäftsinteresse erfordert, dem Angestellten eine andere, seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten entsprechende, angemessene und mindestens gleichwertige Tätigkeit zuzuweisen und ihn im gegebenen Fall an einem anderen Ort zu beschäftigen, soweit der Angestellte hierzu sein Einverständnis erklärt oder soweit dringende Gründe dafür vorliegen (z.B. Schließung der Betriebsstätte im Einsatzstaat, Entzug der Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis für den Einsatzstaat).

§ 2

Arbeitserlaubnis/Aufenthaltsgenehmigung

Die Wirksamkeit des Vertrages setzt die Erteilung einer Arbeitserlaubnis, Aufenthaltsgenehmigung o.Ä. Genehmigung voraus, die dem Angestellten die Arbeitsaufnahme in Kanada ermöglicht. Bei der Beschaffung der entsprechenden Genehmigungen wird die Firma behilflich sein und anfallende Kosten übernehmen.

§ 3

Probezeit

– entfällt –

§ 4

Besonderheiten

Die Firma übernimmt die Kosten der Ausreise und Rückreise für den Angestellten sowie Kosten für den Umzug von _________________________ (dem derzeitigen Wohnsitz des Angestellten) nach Kanada einschließlich eventuell anfallender Einfuhrzölle bzw. sonstiger Steuern, soweit es sich um üblichen Hausrat handelt, nach Vorlage der entsprechenden Rechnungen in Höhe von maximal _________________________ EUR.

In jedem K...

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