I. Erwerb nach Entzug durch den Strafrichter

1. Während laufender Sperre

 

Rz. 17

Vor den EuGH-Entscheidungen in den Fällen "Funk" und "Wiedemann" (NJW 2008, 2403) ging die überwiegende Rechtsprechung davon aus, dass – wie dies bereits vor Einführung des § 28 FeV der Fall war – eine während einer laufenden Sperre im Ausland erworbene Fahrerlaubnis nach Ablauf der Sperre auch in Deutschland zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtige (OLG München zfs 2007, 170; OLG Bamberg DAR 2007, 212; VG Augsburg zfs 2008, 235; a.A. OLG Stuttgart DAR 2007, 159).

Demgegenüber hat der EuGH im Fall "Möginger" (zfs 2008, 473) und auch im Fall "Apelt" (DAR 2011, 629) entschieden, dass einer während einer in Deutschland laufenden Sperre im EU-Ausland erworbenen Fahrerlaubnis auf Dauer die Anerkennung versagt werden dürfe, d.h. eine solche Fahrerlaubnis berechtige auch nach Ablauf der Sperre nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland (OLG Celle zfs 2009, 109; BVerwG DAR 2012, 102).

 

Rz. 18

 

Tipp: Nur bei Registereintrag

Die ausländische Fahrerlaubnis ist jedoch nur dann unwirksam, wenn die Fahrerlaubnissperre im Zentral- bzw. Fahreignungsregister eingetragen und noch verwertbar war (OLG Oldenburg NZV 2011, 207).

Unwirksam ist die Fahrerlaubnis auch, wenn sie im Zeitpunkt des Erwerbs der ausländischen Fahrerlaubnis zwar noch nicht gerichtlich entzogen, aber bereits von der Polizei oder dem Gericht beschlagnahmt war (EuGH DAR 2011, 629); Gleiches trifft sogar bei einem Erwerb während einem laufenden Fahrverbot (EuGH DAR 2009, 26) zu. Das soll auch dann gelten, wenn die Fahrerlaubnis während eines laufenden verwaltungsrechtlichen Entziehungsverfahrens erworben wurde (OVG Bremen DAR 2012, 532).

 

Achtung: Keine ausdrückliche Aberkennung erforderlich

Der EuGH (DAR 2008, 582) hat ausdrücklich klargestellt, dass es im Fall einer unwirksamen ausländischen Fahrerlaubnis deren ausdrücklicher verwaltungsrechtlicher Aberkennung nicht bedarf (so auch VGH Bad.-Württ. zfs 2011, 538).

2. Nach Ablauf der Sperre

 

Rz. 19

Die Führerscheinrichtlinie schreibt die unbedingte gegenseitige Anerkennung der von einem Mitgliedsstaat ausgestellten Führerscheine ohne jede weitere Formalität vor, so lange nicht ein Ausnahmegrund vorliegt.

Bereits mit dem "Kapper"-Urteil (DAR 2004, 333) hat der Gerichtshof klargestellt, dass ein Mitgliedsstaat die Anerkennung der Gültigkeit einer von einem anderen EU-Staat nach Ablauf einer etwaigen Sperrfrist ausgestellten Fahrerlaubnis nicht mit dem Argument ablehnen darf, dass dem Führerscheininhaber in seinem Hoheitsgebiet die Fahrerlaubnis zu einem früheren Zeitpunkt entzogen worden war.

An dieser Rechtsprechung hat der EuGH auch in der Folge[2] und auch unter Geltung der neu gefassten Richtlinie 2006/126/EG (Abl. Nr. L 403, S. 18) festgehalten.[3]

 

Achtung

Unter das Anerkennungsgebot fällt selbstverständlich nur eine neue Fahrerlaubnis, deren Erteilung die in Art. 7 der Richtlinie 2006/126/EG vorgesehene Eignungsprüfung vorausgegangen ist, nicht jedoch eine solche, die auf der Grundlage einer nach Ablauf der Sperre vermeintlich wieder wirksamen Fahrerlaubnis erteilt wurde.

[2] z.B. Halbritter, zfs 2006, 416.
[3] Hoffmann, zfs 2012, 351.

3. Gültigkeit bei vorübergehendem Aufenthalt

 

Rz. 20

Ein Mitgliedsstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Inhaber eines von einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellten Führerscheins vorübergehend aufhält, ist nicht daran gehindert, die Anerkennung der Fahrerlaubnis abzulehnen. Das darf jedoch nicht auf Dauer geschehen, sondern es dürfen dadurch die zur Erreichung der Freizügigkeit erforderlichen Grenzen nicht überschritten werden, d.h. z.B. in Deutschland bis zur Löschung des Voreintrages nach § 29 StVG. Ansonsten berechtigt der europäische Führerschein auch nach Ablauf der in Deutschland verhängten Sperre zum Fahren in Deutschland erst nach einem positiv beschiedenen Antrag gem. § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 FeV (EuGH NZV 2017, 81).

II. Erwerb nach verwaltungsrechtlichem Entzug

 

Rz. 21

Bereits unter Geltung der Internationalen Kraftfahrzeugverordnung war eine nach einer vorausgegangenen behördlichen Fahrerlaubnisentziehung oder der Versagung einer Neuerteilung im Ausland erworbene Fahrerlaubnis auf Dauer nicht gültig (OVG des Saarlandes zfs 1998, 239; OVG Bremen zfs 1999, 87).

Nach Einführung der FeV vertrat die überwiegende Rechtsprechung (z.B. VG München NJW 2005, 2800) die Auffassung, die mit § 28 Abs. 4 S. 5 FeV eingeführte eingeschränkte Gültigkeit von im EU-Ausland erworbenen Fahrerlaubnissen betreffe auch die Fälle eines vorausgegangenen verwaltungsrechtlichen Entzugs.

 

Rz. 22

Demgegenüber hat der EuGH im Fall "Krämer" (DAR 2007, 77) entschieden, dass auch eine nach einem vorausgegangenen verwaltungsrechtlichen Entzug (ohne Sperre) im EU-Ausland erworbene Fahrerlaubnis ohne weiteres zur Teilnahme am inländischen Verkehr berechtigt. Dabei steht ein Verzicht auf die Fahrerlaubnis einem verwaltungsrechtlichen Entzug gleich (VGH Mannheim DAR 2009, 286; OLG Hamburg DAR 2011, 657).

 

Rz. 23

 

Achtung: Fahrerlaubnis aus Nicht-EU-Staat

Im Gegensatz dazu ist die nach einer behördlichen Fahrerlaubnis-Entziehung oder Versagung einer Neuerteilung in einem Drittstaat erworbene Fahrerlaubnis im Inland auf Dauer...

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