Rz. 41

Grundsätzlich können Schuld- und Strafausspruch getrennt voneinander beurteilt werden, so dass i.d.R. die Beschränkung der Berufung auf die Rechtsfolgen zulässig ist (BGH NStZ 1994, 130).

 

Rz. 42

Die Beschränkung ist allerdings dann unwirksam, wenn die tatsächlichen Feststellungen so lückenhaft sind, dass sie den Unrechts- oder Schuldgehalt nicht mehr ausreichend erkennen lassen (OLG Celle StraFo 1997, 272; BayObLG NStZ 1988, 570; OLG Hamm NZV 2004, 99; BGH NJW 2017, 2482), so z.B. wenn die Feststellungen zur inneren Tatseite keine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden (OLG Köln StraFo 1998, 120). Das Urteil darf sich z.B. also nicht damit begnügen, neben der Höhe der Blutalkoholkonzentration und der Schuldform lediglich anzugeben, dass der Angeklagte zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort ein Fahrzeug geführt habe.

Insbesondere in Verkehrssachen darf sich der Tatrichter nicht auf Feststellungen beschränken, die nur die reine Schuldform betreffen. Er ist vielmehr wegen der Bedeutung für die Rechtsfolgen gehalten, Feststellungen auch zur Motivation der Tat, den konkreten Verkehrsverhältnissen und zum Anlass der Tat zu treffen. Anderenfalls ist eine Beschränkung des Rechtsmittels gem. § 318 StPO unwirksam (OLG München zfs 2012, 472).

Das ist allerdings nicht schon dann der Fall, wenn das Erstgericht geltendes Recht falsch angewandt haben sollte, denn eine fehlerhafte Subsumtion hindert die Beschränkung des Rechtsmittels nicht (OLG Hamm zfs 2008, 534). Das gilt auch, wenn das Erstgericht das geltende Recht falsch angewandt und z.B. Tatmehrheit statt Tateinheit angenommen hat (BGH NStZ- RR – 1996, 267; OLG Hamm zfs 2017, 710).

 

Rz. 43

Eine Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch ist außerdem unwirksam, wenn das Amtsgericht nicht geprüft hat, ob der Angeklagte schuldunfähig i.S.v. § 20 StGB war, obwohl die Höhe der Blutalkoholkonzentration (hier mit Rückrechnung über 2,5 ‰) dazu Anlass geboten hätte (BayObLG zfs 2003, 369).

 

Rz. 44

In solchen Fällen lässt das Fehlen von die Schuld bestimmenden und damit zugleich für die Strafzumessung bedeutenden Umständen, wie z.B. Umständen der Alkoholaufnahme oder Gegebenheiten der Fahrt selbst, die Beschränkung auf die Rechtsfolgen nicht zu. Das BayObLG (NZV 1999, 482) hält deshalb gegen OLG Hamm (zfs 1999, 172) eine Beschränkung des Rechtsmittels auf die Rechtsfolgen bereits dann für unwirksam, wenn das amtsrichterliche Urteil keine (ausreichenden) Feststellungen zu den Umständen der Alkoholaufnahme und zu den Gegebenheiten der Fahrt enthält.

 

Rz. 45

Eine Rechtsmittelbeschränkung ist schließlich auch nicht möglich, wenn z.B. bei einer Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gem. § 21 StVG das Urteil Feststellungen zu den Gegebenheiten der Fahrt nicht getroffen hat (OLG München zfs 2008, 532; OLG Bamberg DAR 2013, 585).

Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn der Tatrichter solche, die Schuld bestimmenden Umstände deshalb nicht feststellen konnte, weil der Angeklagte schweigt und Zeugen nicht zur Verfügung stehen (BayObLG zfs 1997, 192).

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