Mallory Völker, Monika Clausius
Rz. 40
Das Gericht hat die Möglichkeit, gegen den Verpflichteten Ordnungshaft anzuordnen, wenn
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ein zunächst verhängtes Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann oder |
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die Verhängung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg verspricht. |
Rz. 41
Die tatrichterliche Entscheidung dazu, welches Ordnungsmittel zur Anwendung kommt, wird zuvörderst durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beeinflusst, demzufolge grundsätzlich das Ordnungsgeld vorrangig ist. Eine kumulative Anordnung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft ist ausgeschlossen. Allerdings kann schon mit der Festsetzung des Ordnungsgeldes für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit Ordnungshaft angeordnet werden; ist dies unterblieben, kann das Ordnungsgeld gemäß § 8 Abs. 1 EGStGB nach erneuter Anhörung des Verpflichteten nachträglich in Ordnungshaft umgewandelt werden.
Rz. 42
Auch hier wird die künftige Handhabung der Gerichte zeigen, inwieweit die gesetzgeberische Zielrichtung umgesetzt werden kann, vor allem mit Blick auf den Umgang blockierende Elternteile. Nach der alten Rechtslage war die Zwangshaft in Umgangsverfahren zwar denkbar, aber in der Praxis die Ausnahme. Stattdessen wurde die Anordnung einer Umgangspflegschaft (siehe dazu § 2 Rdn 39) oder die Änderung einer gerichtlichen Sorgerechtsentscheidung in Erwägung gezogen. Letzterer Weg ist häufig nicht gangbar und bedarf außerdem regelmäßig – bei angedachter Fremdunterbringung des Kindes nahezu ausnahmslos – regelmäßig der Einholung eines Sachverständigengutachtens, da die Beantwortung der Frage, ob das Umgangsrecht im Wege einer Sorgerechtsänderung durchgesetzt werden kann, auf dem Fachgebiet der (Familien-)Psychologie liegt. Ersterer Weg führt bei den "harten" Boykottfällen im Ergebnis oft nur zu einer weiteren zeitlichen Verzögerung; denn auch der Umgangspfleger muss im Falle eines sich der Herausgabe widersetzenden Elternteils die Herausgabe zu Umgangszwecken vollstrecken. Die zwischenzeitliche Verzögerung wirkt sich eher zugunsten des verzögernden Elternteils aus und vermittelt letztlich auch dem Kind den Eindruck, dass man sich, ohne gravierende Reaktionen befürchten zu müssen, jeglicher staatlicher Anordnung widersetzen kann. Ziel der Erziehung eines Kindes ist jedoch, dass es sich zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit entwickelt (vgl. § 1 Abs. 1 SGB VIII), die die Regeln eines gesellschaftlichen Miteinanders lernt und erfährt, dass der Staat diese notfalls auch zwangsweise durchsetzt (siehe im Einzelnen Rdn 76 ff.).
Rz. 43
Die Diskussion hierzu sollte – scheitert eine Umgangspflegschaft und kommt eine Sorgerechtsänderung nicht in Betracht – ohne ideologische Scheuklappen und stets auf den Einzelfall bezogen geführt werden. Daher ist es zu begrüßen, dass sich nunmehr Entscheidungen finden, die die Verhängung von Ordnungshaft befürworten. Vorrangig ist allerdings an die Familiengerichte zu appellieren, dass diese den Verfahrensbeteiligten bereits im Rahmen der Anhörung im Erkenntnisverfahren verdeutlichen, dass bei Nichteinhaltung getroffener Regelungen ohne Zögern – und nötigenfalls hart – vollstreckt werden wird. Man sollte den Eindruck, den der Richter damit auf die Eltern machen kann, nicht unterschätzen. Erweist sich die Vollstreckung als notwendig, ist sie zügig durchzuführen. Davon etwa abzusehen, weil das Kind dadurch belastet wird, wird in den wenigsten Fällen eine statthafte Erwägung sein, zumal diese Beurteilung einem Abänderungsverfahren vorbehalten bleiben muss, in dessen Rahmen die Vollstreckung aus dem Umgangstitel nach § 93 Abs. 1 Nr. 4 FamFG – bzw. im Falle einer zu vollstreckenden einstweiligen Anordnung nach der dann spezielleren Norm des § 55 Abs. 1 S. 1 FamFG – einstweilen eingestellt werden kann, der Gesetzgeber eine effektivere Vollstreckung von Umgangsentscheidungen durch das FamFG ausdrücklich erstrebt, und Gerichte grundsätzlich Instrumente, die von der Rechtsordnung zur Durchsetzung des Rechts vorgesehen sind, nicht ohne nähere Darlegung für untauglich erklären können.