Rz. 175

Voraussetzung für einen Anspruch aus § 2288 BGB ist, dass eine Beeinträchtigungsabsicht des Erblassers vorliegt. Ob diese gegeben ist, ist anhand einer objektiven Missbrauchskontrolle zu klären. Es stellt sich die Frage, ob der Erblasser seine Verfügungsfreiheit zu Lasten des Vermächtnisnehmers missbraucht hat. Kriterium der Prüfung ist wie bei § 2287 BGB[355] das sog. lebzeitige Eigeninteresse des Erblassers.[356] Es hat eine Abwägung zwischen den Interessen des Erblassers an der Veräußerung und dem Interesse des Vermächtnisnehmers am Erwerb zu erfolgen. Es muss eine Änderung der Sachlage eintreten.[357] Ein Sinneswandel beim Erblasser nach Erstellung der letztwilligen Verfügung ist nicht ausreichend.[358]

Das lebzeitige Eigeninteresse muss gerade die Veräußerung des Gegenstandes erfordern. Ist der durch die Veräußerung erstrebte Zweck durch andere Maßnahmen ebenfalls erreichbar, liegt bei § 2288 BGB kein lebzeitiges Eigeninteresse vor.[359] Bei § 2287 BGB wäre dies gegeben. Der Erblasser muss zusätzlich die vertragsmäßige Zuwendung kennen. Bei § 2288 Abs. 1 BGB muss bei der Fallgruppe der Beeinträchtigung durch tatsächliches Handeln ein zweckgerichtetes, bewusstes Handeln vorliegen. Ein fahrlässiges Handeln ist hier nicht ausreichend.[360] Des Weiteren muss eine objektive Beeinträchtigung bei § 2288 BGB gegeben sein. Hat der Vermächtnisnehmer der Veräußerung zugestimmt oder der Erblasser sich einen Rücktritt im Erbvertrag vorbehalten, durfte der Bedachte keine berechtigte Erwartung haben.[361]

[355] BGH NJW 1984, 731.
[356] BGH ZEV 1998, 68, 69; OLG Köln ZEV 2000, 317; BGH ZEV 2006, 312.
[357] BGH NJW 1984, 731.
[358] Tanck, ZErb 2003, 198, 199; BGH ZErb 2005, 327.
[359] OLG Köln ZEV 1996, 23, 24.
[360] BGHZ 31, 23.
[361] MüKo/Musielak, § 2288 Rn 5.

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