Rz. 7

Die Frage des Verhältnisses der Familiensachen zu den bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (häufig auch als "streitige Gerichtsbarkeit oder Zivilgerichtsbarkeit" bezeichnet[3]) ist nach wie vor nicht völlig geklärt, wird jedoch zutreffend nunmehr überwiegend als spezieller Fall der Verfahrenszuständigkeit gesehen.[4]

Die Aufgabenverteilung zwischen den für Familiensachen zuständigen Familiengerichten und den für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zustehenden allgemeinen Zivilgerichten ist keine Frage der Rechtswegzuständigkeit.[5] Das folgt schon aus § 13 GVG. Nach dieser Vorschrift gehören die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (die Zivilsachen), und die Strafsachen zur ordentlichen Gerichtsbarkeit und damit zu demselben Rechtsweg. Der durch FGG-RG eingefügte § 17a Abs. 6 GVG bestätigt das zutreffend. Hiernach sind im Verhältnis von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Familiensachen die Regeln über den Rechtsweg entsprechend anwendbar; handelte es sich um eine Frage des Rechtswegs, wären die Vorschriften direkt anwendbar.

Auch die sachliche Zuständigkeit[6] steht nicht infrage, da diese bestimmt, welches Gericht in erster Instanz die Sache zu behandeln hat.[7]

 

Rz. 8

Es handelt sich ferner nicht um einen Fall gesetzlicher Geschäftsverteilung,[8] folgt doch aus dem Begriff der gesetzlichen Geschäftsverteilung lediglich, dass für die Bearbeitung bestimmter Angelegenheiten eigene Spruchkörper eingerichtet werden müssen.[9]

 

Rz. 9

Weitergehend begründen § 23b Abs. 1 GVG und das FamFG keine funktionelle Zuständigkeit des Familiengerichts innerhalb des Amtsgerichts. Die funktionelle Zuständigkeit verteilt die verschiedenen Rechtspflegefunktionen in derselben Sache an verschiedene Rechtspflegeorgane und grenzt die Funktionen des einen Organs von denen der anderen, in derselben Sache tätig werdenden Organen ab, zum Beispiel die Funktionen der ersten, zweiten und dritten Instanz, des Rechtspflegers, des Urkundsbeamten, des Vollstreckungsgerichts und des Gerichtsvollziehers usw. Verteilungsmaßstab ist also die Art der gerichtlichen Tätigkeit. Hierum geht es aber vorliegend nicht, da jedenfalls funktionell der Richter zuständig ist.

 

Rz. 10

Das Familiengericht ist innerhalb des Amtsgerichts auch kein besonderes Gericht im Sinne von § 14 GVG, weil es gerichtsorganisatorisch nicht verselbstständigt ist. Vielmehr ist es nur ein den anderen Abteilungen des Amtsgerichts grundsätzlich gleichwertiger Spruchkörper (§ 23b Abs. 1 GVG). Von diesen unterscheidet es sich aber dadurch, dass ihm gerichtsintern die Familiensachen nicht durch Entscheidung des Präsidiums übertragen werden, sondern kraft gesetzlicher Geschäftsverteilung unmittelbar und ausschließlich zustehen.

 

Rz. 11

Das Familiengericht ist deshalb eine besondere Abteilung des Amtsgerichts mit ausschließlich gerichtsinterner Zuständigkeit aufgrund gesetzlich geregelter Geschäftsverteilung, d.h., es besteht eine sogenannte eigenständige Verfahrenszuständigkeit.[10]

[3] So Keidel/Sternal, § 1 Rn 46; Brehm, § 4 Rn 5.
[4] Brehm, § 4 Rn 5; Haußleiter/Gomille, § 1 Rn 4; Keidel/Sternal, § 1 Rn 47; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 165 Rn 39.
[5] So aber RGZ 106, 406, 408; BGHZ 10, 155, 162; 19, 185, 195.
[6] So aber BGHZ 12, 254.
[7] Brehm, § 4 Rn 6; Keidel/Sternal, § 1 Rn 46.
[8] So BGHZ 71, 264, 270; Diederichsen, ZZP 1991, 402, freilich zur alten Rechtslage und bezüglich dieser zutreffend.
[9] Keidel/Sternal, § 1 Rn 46; im Ergebnis auch Brehm, § 4 Rn 7, 8.
[10] MüKo-FamFG/Erbarth, § 201 Rn 5.

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