Rz. 66
Steht die Ehewohnung oder die Wohnung, in der Täter und Opfer einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt geführt haben, im Miteigentum der Ehegatten bzw. des Täters und des Opfers, kann der überlassungspflichtige Teil nach § 749 Abs. 2 BGB jederzeit die Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft verlangen; sie erfolgt bei Grundstücken nach § 753 Abs. 1 S. 1 BGB durch Zwangsversteigerung nach den Regeln des ZVG und Teilung des Erlöses.
Ein Verbot der Teilungsversteigerung gegenüber dem überlassungspflichtigen Ehegatten und Täter kann das Gericht weder nach § 1361b Abs. 3 S. 1 BGB, § 2 Abs. 4 GewSchG noch nach §§ 209 Abs. 1, 215 FamFG anordnen. Der Antrag auf Teilungsversteigerung stellt zwar weder eine Verfügung über das Grundstück dar noch eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung dazu, führt aber zu einem Verlust des Grundstückseigentums, weshalb die beantragte Teilungsversteigerung wie eine Veräußerung des Grundstücks zu behandeln ist. Die unbestimmten Formulierungen der § 1361b Abs. 3 S. 1 BGB, § 2 Abs. 4 GewSchG sowie §§ 209 Abs. 1, 215 FamFG reichen wie für ein Veräußerungsverbot auch für ein Verbot, die Teilungsversteigerung durchzuführen, nicht aus. Zudem verdrängt § 180 Abs. 3 ZVG diese Vorschriften als speziellere Vorschrift, da anderenfalls die strengen Einstellungsvoraussetzungen des ZVG unterlaufen würden.
Rz. 67
§ 180 Abs. 3 ZVG ist aber in der Weise verfassungskonform auszulegen, dass jedenfalls die Ansprüche auf Überlassung der Ehewohnung nicht vereitelt werden, ohne dass die in §§ 1361b Abs. 1 S. 1, 1568a Abs. 1, Abs. 2 BGB und Art. 6 Abs. 1 GG zum Schutz von Ehe und Familie vorgegebene Interessenabwägung aller Beteiligung unter besonderer Beachtung des Wohls der Kinder erfolgt. Die Ansprüche auf Überlassung der Ehewohnung dienen "in Ausformung von Art. 6 Abs. 1 GG" dem Schutz von Ehe und Familie. Deshalb ist § 180 Abs. 3 ZVG trotz der vermeintlich strengeren Voraussetzung gegenüber § 1361b Abs. 1 S. 1, S. 2 BGB ("Kindeswohlbeeinträchtigung") und § 1568a Abs. 1 BGB ("Berücksichtigung des Kindeswohls"), da die Einstellung nur erfolgen kann, wenn dies "zur Abwendung einer ernsthaften Gefährdung des Wohls eines gemeinschaftlichen Kindes" erforderlich ist, in der Weise verfassungskonform auszulegen, dass bei Bestehen der Ansprüche gem. §§ 1361b Abs. 1 S. 1, S. 2, 1568a Abs. 1 BGB die Teilungsversteigerung auf Antrag des Ehegatten, dem der Anspruch auf Überlassung der Ehewohnung zusteht, einzustellen ist. Allein eine solche Auslegung entspricht den Forderungen des BVerfG an eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 1361a, 1361b, 1568a, 1568b BGB.