Rz. 83

Eine Herausgabe oder Räumungsanordnung ist nicht mehr erforderlich, um einen nach § 885 Abs. 1 ZPO, § 95 Abs. 1 Nr. 2 FamFG vollstreckbaren Titel auf Herausgabe zu schaffen, wenn über die genannten Ansprüche entschieden wird.[116] Es sollte allerdings die immer noch gegenteilige Praxis in jedem Falle beachtet werden und gegebenenfalls dieser entsprechend eine Räumungsanordnung erwirkt werden.

 

Rz. 84

Der die Überlassungsverpflichtung gem. § 1361b Abs. 1 S. 1 BGB oder § 1568a Abs. 1, Abs. 2 BGB titulierende Beschluss gestattet die Vollstreckung gem. § 885 Abs. 1 ZPO, §§ 95 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2, 86 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FamFG grundsätzlich nur gegen den im Titel genannten Ehegatten bzw. gegen die im Titel genannte Person. Weitere Personen werden nur dann erfasst, wenn sie nicht Mitbesitzer der Wohnung sind, also z.B. Besucher, Gäste, Minderjährige und gegebenenfalls auch volljährige Kinder[117] und Besitzdiener im Sinne von § 855 BGB, also z.B. Hausangestellte. Ist ein Dritter Mitbesitzer, so kann aus dem Titel gegen den Ehegatten bzw. Täter gegen den Dritten nicht vollstreckt werden, es ist ein weiterer, den Dritten erfassender Titel erforderlich, §§ 750 Abs. 1, 885 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 95 Abs. 1 Nr. 2 FamFG.[118]

 

Rz. 85

Der im vorliegenden Zusammenhang besonders interessierende Fall, in dem der überlassungsverpflichtete Ehegatte oder der überlassungsverpflichtete Täter einen neuen Partner in die Wohnung aufgenommen hat, ist entsprechend der Entscheidung des BGH,[119] einen Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft betreffend, zu lösen: Ein Titel gegen den Partner des Ehegatten ist dann erforderlich, wenn dieser bereits Mitbesitzer ist. Dies hat der Gerichtsvollzieher festzustellen, es sind sämtliche Umstände des konkreten Falles zu berücksichtigen. Der überlassungsberechtigte Ehegatte sollte daher die tatsächlichen Verhältnisse möglichst genau aufklären, um beurteilen zu können, ob der neue Partner des anderen, überlassungsverpflichteten Ehegatten Mitbesitzer ist oder nicht. Ist er Mitbesitzer, so muss der gem. §§ 1361b Abs. 1 S. 1, 1568a Abs. 1, Abs. 2 BGB, § 2 Abs. 1, Abs. 6 S. 1 GewSchG Überlassungsberechtigte neben diesen Ansprüchen gegen den Partner des Ehegatten oder Täters, den aus § 823 BGB (bei Ehegatten i.V.m. § 1353 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB) folgenden Anspruch auf Überlassung der Wohnung wiederum im Sinne von Verschaffung des unmittelbaren Besitzes in dem Zustand, in dem sich die Wohnung befindet, durch Ermöglichen des ungehinderten Zugangs und Besitzaufgabe geltend machen. Der Anspruch unterfällt bei Ehegatten § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG und wird von dem Vollstreckungsverbot des § 120 Abs. 3 Alt. 2 FamFG nicht erfasst.[120] Bei Partnern nichtehelicher Lebensgemeinschaft ist das allgemeine Zivilgericht zuständig.

[116] Ausführlich MüKo-FamFG/Erbarth, § 200 Rn 130 ff.
[120] MüKo-FamFG/Erbarth, § 266 Rn 77 ff.

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