Rz. 171

Ein Widerspruch nach Art. 21 Abs. 1 DSGVO ist "nicht grundlos" möglich, vielmehr hat die betroffene Person Gründe vorzutragen, die sich aus ihrer besonderen Situation ergeben und für ein Überwiegen ihrer Interessen gegenüber den berechtigten Interessen des Verantwortlichen sprechen. Der Widerspruch muss, um das Recht der betroffenen Person nicht leerlaufen zu lassen und auch die Anforderungen an den Widerspruch nicht zu übersteigern, nicht ausdrücklich als solcher bezeichnet werden. Vielmehr ist der Verantwortliche dazu angehalten, den wahren Willen der betroffenen Person aus den objektiven Umständen zu ermitteln; in Zweifelsfällen kann eine Rückfrage bei der betroffenen Person über die Zielrichtung einer entsprechenden Erklärung angezeigt sein.[170]

 

Rz. 172

Der betroffenen Person wird auch keine juristisch saubere Argumentation abverlangt. Sie hat die Gründe, die aus ihrer Sicht gegen eine Verarbeitung sprechen, lediglich nachvollziehbar darzulegen und im Zweifel- oder Bestreitensfalle auch zu beweisen.[171] Was genau unter "Gründen, die sich aus der besonderen Situation der betroffenen Person ergeben", zu verstehen ist, bestimmt die DSGVO nicht weiter. Nachdem die vorgetragenen Gründe jedoch in den erneuten Abwägungsvorgang des Verantwortlichen einzustellen sind, kommen grundsätzlich alle denkbaren Betroffeneninteressen in Betracht.[172] Allgemeine und abstrakt gehaltene Erwägungen reichen nicht aus, da sich die Gründe "auf die besondere Situation der betroffenen Person" beziehen müssen. Hier kommen solche Umstände in Betracht, über die der Verantwortliche im Rahmen seines ursprünglichen Abwägungsvorganges keine Kenntnis hatte, z.B. eine durch Krankheit oder sonstige Schicksalsschläge bedingte Sondersituation der betroffenen Person. Ebenso könnte daran zu denken sein, dass bestimmte Daten aufgrund eines besonderen Geheimhaltungs- und/oder Schutzinteresses der betroffenen Person nicht verarbeitet werden dürfen, so etwa die Privatanschrift eines besonders gefährdeten Politikers mit hoher Schutzeinstufung.

 

Rz. 173

Die betroffene Person ist verpflichtet, die Daten, die von ihrem Widerspruch umfasst sind, hinreichend genau zu beschreiben.[173] Dabei ist sie berechtigt, ihren Widerspruch auch nur auf einzelne Daten zu beschränken.

[170] Schulz, in: Gola (Hrsg.), DS-GVO, 2017, Art. 21 Rn 28; Laue/Nink/Kremer, Das neue Datenschutzrecht in der betrieblichen Praxis, 2017. § 4 Rn 71; Herbst, in: Kühling/Buchner (Hrsg.), DS-GVO, 2017, Art. 21 Rn 56.
[171] Laue/Nink/Kremer, Das neue Datenschutzrecht in der betrieblichen Praxis, 2017, § 4 Rn 76; Kamann/Braun, in: Ehmann/Selmayr (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung, 2017, Art. 21 Rn 21.
[172] Hierzu § 4 Rdn 181, 206 ff.
[173] Kamann/Braun, in: Ehmann/Selmayr (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung, 2017, Art. 21 Rn 35.

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