Rz. 21

Nach Auffassung des Berufungsgerichts stand der Klägerin für den gewerblich genutzten Pkw schon dem Grunde nach kein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung zu. Beim Ausfall eines gewerblich genutzten Fahrzeugs bemesse sich der Schaden allein nach dem entgangenen Gewinn, den Vorhaltekosten eines Reservefahrzeugs oder der Miete eines Ersatzfahrzeugs. Da die entgangene Nutzungsmöglichkeit unter den in § 252 BGB genannten Voraussetzungen als entgangener Gewinn ersatzfähig sei, bestehe für eine Fortbildung des Gesetzes – anders als bei eigenwirtschaftlich genutzten Fahrzeugen – methodisch kein Raum. Die der Klägerin tatsächlich entstandenen Kosten (Mietwagen zu einem "Freundschaftspreis") habe das Landgericht zuerkannt. Soweit das beschädigte Fahrzeug auch privat – durch den Ehemann der Geschäftsführerin der Klägerin – genutzt worden sei, fehle es an einem Schaden der Klägerin. Darauf, ob wegen der Nutzung eines Mietwagens eine fühlbare Beeinträchtigung als Voraussetzung einer Nutzungsausfallentschädigung gefehlt habe, und ob die Zurverfügungstellung eines Mietfahrzeugs zu einem "Freundschaftspreis" dem Schädiger zugute kommen könne, komme es somit nicht an.

 

Rz. 22

Das angefochtene Urteil hielt der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kommt eine Entschädigung für zeitweise entzogene Gebrauchsvorteile auch bei gewerblich genutzten Fahrzeugen, Behördenfahrzeugen oder Fahrzeugen gemeinnütziger Einrichtungen in Betracht, falls sich deren Gebrauchsentbehrung nicht unmittelbar in einer Minderung des Gewerbeertrages (entweder in entgangenen Einnahmen oder über die mit der Ersatzbeschaffung verbundenen Unkosten) niederschlägt (vgl. Senatsurt. BGHZ 70, 199, 203 f.; v. 26.3.1985 – VI ZR 267/83, VersR 1985, 736, 737). Wo das Fahrzeug unmittelbar zur Erbringung gewerblicher Leistungen dient, wie etwa bei einem Taxi oder Lkw, muss der Geschädigte den Ertragsentgang konkret berechnen (vgl. Senatsurt. BGHZ 70, 199, 203). Wenn aber kein konkret bezifferbarer Verdienstentgang vorliegt, ist es dem Geschädigten grundsätzlich nicht verwehrt, an Stelle des Verdienstentgangs eine Nutzungsentschädigung zu verlangen, wenn deren Voraussetzungen vorliegen, also insbesondere ein fühlbarer wirtschaftlicher Nachteil für den Geschädigten eingetreten ist (vgl. Senatsurt. BGHZ 66, 239, 249; v. 26.3.1985 – VI ZR 267/83, a.a.O.; vgl. auch BGHZ 40, 345, 353).

 

Rz. 23

Mit dem Nutzungsausfall befasst sich auch eine später ergangene Entscheidung des Großen Zivilsenats des Bundesgerichtshofs. Dort heißt es, dass über die Fälle der Eigennutzung eines Kraftfahrzeugs hinaus jedenfalls bei Sachen, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung des Eigentümers derart angewiesen sei wie auf das von ihm selbst bewohnte Haus, der zeitweise Verlust der Möglichkeit zum eigenen Gebrauch infolge eines deliktischen Eingriffs in das Eigentum bereits ein ersatzfähiger Vermögensschaden sein könne, sofern der Eigentümer die Sache in der Zeit ihres Ausfalls entsprechend genutzt hätte (BGHZ [GSZ] 98, 212, 216 ff.). Bei erwerbswirtschaftlichem, produktivem Einsatz einer Sache werde die Verkürzung ihres Nutzungswerts im Wesentlichen durch einen Gewinnentgang ausgewiesen, dessen Ersatz § 252 S. 1 BGB ausdrücklich anordne. Diese Vorschrift unterstreiche die schadensrechtliche Bedeutung, die der Gesetzgeber Ausfällen im erwerbswirtschaftlichen, vermögensmehrenden Einsatz von Wirtschaftsgütern beigemessen habe; eine entsprechende Vorschrift für die eigenwirtschaftliche Nutzung des Vermögens fehle. Hieraus könne indes nicht gefolgert werden, dass das Gesetz sich gegen den Geldersatz für Einbußen im eigenwirtschaftlichen Einsatz von Wirtschaftsgütern entschieden habe, die sich nicht in einem Gewinnentgang niederschlügen. Deshalb sei eine Fortentwicklung des Gesetzes zulässig, wenn gewährleistet bleibe, dass der Ersatz nicht zur abstrakten Nutzungsentschädigung werde, die das Bürgerliche Gesetzbuch nur ausnahmsweise zulasse. Dem trage die Rechtsprechung zur Nutzungsentschädigung für Kraftfahrzeuge Rechnung, indem sie mit dem Begriff des "fühlbaren" Schadens an den Ersatz das Erfordernis knüpfe, dass der Geschädigte zur Nutzung des Kraftfahrzeugs willens und fähig gewesen wäre. Freilich müsse eine derartige Ergänzung des Gesetzes auf Sachen beschränkt bleiben, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise angewiesen sei (vgl. BGHZ [GSZ] 98, 212, 219 f., 222).

 

Rz. 24

Hervorzuheben ist, dass mit dieser Entscheidung die bisherige Rechtsprechung zur Nutzungsentschädigung bei Kraftfahrzeugschäden in keiner Weise in Frage gestellt oder eingeschränkt, sondern im Gegenteil als Grundlage für die Gewährung von Nutzungsentschädigung für vergleichbare Sachen herangezogen wird, die für die hierauf zugeschnittene Lebenshaltung unentbehrlich sind. Dies wird am Beispiel des privaten Nutzers eines Kraftfahrzeugs erläutert, für den die Einsatzfähigkeit seines Fahrze...

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