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Borreliose ist eine fast immer durch einen Zeckenstich übertragene Infektionskrankheit.[12] Auslöser sind bakterienähnliche Einzeller (Borrelien), mit denen Zecken infiziert sein können. Die Borreliose wird auch Lyme-Krankheit bzw. Lyme-Borreliose genannt. In seltenen Fällen können auch durch Insektenstiche Borrelien auf den Menschen übertragen werden. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist nicht möglich. Zecken nehmen über ihre Blutmahlzeit Bakterien auf, die dann im Verdauungstrakt der Zecke leben. Zecken dringen dazu mit Hilfe ihres Stich- und Saugapparates tief in die Haut ein. Der Vorgang dauert mehrere Minuten. Wegen des schmerz- und gerinnungshemmenden Speichels bleibt der Zeckenstich oft unbemerkt. Am Ende der Blutmahlzeit würgt die Zecke Magenreste in die Wunde und so können Borrelien aus dem Verdauungstrakt der infizierten Zecke in den Menschen gelangen.

Nicht jeder Zeckenstich ruft automatisch Borreliose hervor.

Eine Borreliose verläuft in drei Stadien, die Inkubationszeit variiert stark: Tage bis Wochen für Stadium I, Wochen bis Monate für Stadium II und schließlich Monate bis Jahre für Stadium III.

Stadium I

Im Bereich der Bisswunde kann ein roter Fleck entstehen. Schmerzlos vergrößert er sich, nach und nach wird die Mitte bleich gefärbt, sog. "wandernde Röte" (Erythema migrans). Unspezifische Symptome wie Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen sowie Gelenk-, Bindehaut- oder Lymphknotenentzündung können begleitend auftreten. Die Hautrötung tritt nicht bei jeder Infektion auf.

Stadium II

Brennende Nervenschmerzen treten in der Nähe der Zeckenstichstelle bzw. des Erythema migrans Wochen bis Monate nach dem Zeckenstich auf. Es kommt zu Schwellungen der Lymphknoten, Lähmungen und Gefühlsstörungen. Auch das Herz kann betroffen sein, oder es entstehen rötliche Hauttumore, die sich vor allem an Ohrläppchen (bei Kindern), Brustwarzen oder Hodensack befinden.

Stadium III

Das Stadium III wird auch als Spätmanifestation bezeichnet. Monate bis Jahre nach dem Zeckenstich kann eine Gelenkentzündung (sog. Lyme-Arthritis) auftreten. Ohne Therapie schwillt das betroffene Gelenk innerhalb von ein bis vier Wochen wieder ab. Die Entzündung kann aber wiederkehren.

Außerdem kann es zu Hautveränderungen kommen (Acrodermatitis chronica atrophicans Herxheimer). Die Haut schwillt blaurot verfärbt an, vor allem im Bereich von Ellenbogen, Knien, Unterarmen und Unterschenkeln. Später wird die Haut sehr dünn. Sehr selten entwickelt sich im Spätstadium eine Entzündung des Gehirns mit geistigem Abbau, Lähmungen und Koordinationsstörungen.

Zur sicheren Diagnose wird eine Anamnese erstellt und eine Blutprobe entnommen. Antikörper gegen die Borrelien sind in der Regel wenige Wochen nach dem Stich nachweisbar, manchmal auch erst nach zwei Monaten. Eine Infektion mit Borrelien kann also vorliegen, obwohl die Blutprobe negativ ausfällt. Da die Antikörper jahrelang im Blut nachweisbar sind, gibt eine positive Blutprobe keinen Anhaltspunkt zum Ansteckungszeitpunkt. Bei Verdacht auf Neuroborreliose (Nervenschmerzen, Lähmungen) muss im Krankenhaus die Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) untersucht werden. Dies zeigt, ob die Borrelien ins Nervensystem vorgedrungen sind.

Grundsätzlich ist Borreliose als Infektionserkrankung in den AUB ausgeschlossen, wird aber im Rahmen von Zusatzvereinbarungen mitversichert (vgl. § 4 Rn 205 ff.).

[12] Zu medizinischen Fragen siehe auch Suermann, r+s 2011, 50.

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