Rz. 29

Konzernspezifische Regelungen haben im britischen Recht ihren Ursprung in der Konzernrechnungslegung. Ausgehend davon breiteten sich diese dann im Gesellschafts- und Steuerrecht aus.[90] Es gibt kein spezielles Recht der Gesellschaftsgruppe, vielmehr ist jede Gesellschaft einer (Konzern-)Gruppe als selbstständige rechtliche Einheit (separate legal entities) zu betrachten. Die gesetzliche Grundlage für Unternehmensgruppen findet sich heute in s. 1162 Companies Act 2006, welcher auf Mutter- und Tochterunternehmen (parent and subsidiary undertakings) Bezug nimmt.[91] Vor diesem Hintergrund gibt es im britischen Recht[92] auch keine besonderen Vorschriften, die sich auf die vertragliche Gründung von Konzernen beziehen. Der Vertragskonzern ist dem britischen Recht vielmehr fremd. Ein Beherrschungsvertrag in Form eines gesellschaftsrechtlichen Organisationsvertrags ist unzulässig. Lediglich ein schuldrechtlicher control contract ist nunmehr nach dem Inkrafttreten des Companies Act 2006 möglich.[93]

 

Rz. 30

Ein Konzernverhältnis wird i.d.R. faktisch dadurch begründet, dass die Muttergesellschaft (parent oder holding company) die Mehrheit der stimmberechtigten Anteile hält, sie Anteilseigner der anderen Gesellschaft ist und das Recht hat, die Mehrheit der Direktoren im board of directors zu benennen.[94] Im britischen Gesellschaftsrecht besteht damit ein rein eigentumsbezogener Gruppen- (bzw. Konzern-)Begriff. Die Frage der Einflussmöglichkeit der herrschenden auf die abhängige Gesellschaft stellt sich vor diesem Hintergrund nicht.

 

Rz. 31

In bilanzrechtlicher Hinsicht haben die verbundenen Unternehmen konsolidierte Konzernabschlüsse anzufertigen.[95] Hierbei ist es der Konzernmutter freigestellt, ob dieser nach nationalen oder internationalen Rechnungslegungsvorschriften erfolgt.[96] Von dieser Wahl abhängig unterscheiden sich auch die Bestandteile des Abschlusses.[97] Darüber hinaus existieren zahlreiche Ausnahmen von der Verpflichtung, einen Konzernabschluss zu erstellen.[98]

[90] Vgl. hierzu Rothenburg/Walter/Platts, in: Wegen/Spahlinger/Barth, GesR des Auslands (Stand: 3/2013), Teil Vereinigtes Königreich, Rn 330 ff.
[91] Vgl. Fleischer, AG 1999, 350, 351 (zur Vorgängervorschrift s. 736 Companies Act 1985); im Detail Rothenburg/Walter/Platts, in: Wegen/Spahlinger/Barth, GesR des Auslands (Stand: 3/2013), Teil Vereinigtes Königreich, Rn 332 ff.
[92] Vgl. hierzu Rothenburg/Walter/Platts, in: Wegen/Spahlinger/Barth, GesR des Auslands (Stand: 3/2013), Teil Vereinigtes Königreich, Rn 330 ff.
[93] Vgl. Lohn, Grenzüberschreitende Unternehmensverträge in Europa, S. 238.
[94] Vgl. hierzu Rothenburg/Walter/Platts, in: Wegen/Spahlinger/Barth, GesR des Auslands (Stand: 3/2013), Teil Vereinigtes Königreich, Rn 336.
[95] Vgl. hierzu Rothenburg/Walter/Platts, in: Wegen/Spahlinger/Barth, GesR des Auslands, (Stand: 3/2013) Teil Vereinigtes Königreich, Rn 338 ff.
[96] Vgl. hierzu Rothenburg/Walter/Platts, in: Wegen/Spahlinger/Barth, GesR des Auslands (Stand: 3/2013), Teil Vereinigtes Königreich, Rn 338.
[97] Vgl. hierzu Rothenburg/Walter/Platts, in: Wegen/Spahlinger/Barth, GesR des Auslands (Stand: 3/2013), Teil Vereinigtes Königreich, Rn 339 f.
[98] Im Detail Rothenburg/Walter/Platts, in: Wegen/Spahlinger/Barth, GesR des Auslands (Stand: 3/2013), Teil Vereinigtes

Königreich, Rn 341.

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