UK: Economic Crime and Corporate Transparency Act 2023

Inwieweit ist der Economic Crime and Corporate Transparency Act auch für deutsche Unternehmen relevant, und in welchen Fällen könnte das Gesetz Anwendung finden?

Deutsche Unternehmen müssen sich darauf vorbereiten, dass sie ihre Betrugspräventionsmaßnahmen mit dem Inkrafttreten des Economic Crime and Corporate Transparency Act 2023 optimieren müssen. 

Die gesetzlichen Regelungen bezüglich der Betrugsprävention im Vereinigten Königreich wurden verschärft. Dazu erhielt das Gesetz „Economic Crime and Corporate Transparency Act 2023“ (ECCTA) die königliche Zustimmung am 26.10.2023 und enthält folgende wesentlichen Punkte:

  1. Ein neuer verschuldensunabhängiger Straftatbestand der unterlassenen Betrugsprävention für Unternehmen;
  2. Eine Änderung des Identifizierungsprinzips, um die Strafverfolgung von Unternehmen und Partnerschaften für bestimmte Wirtschaftskriminalitätsdelikte zu erleichtern.

Dieser Beitrag befasst sich ausschließlich mit der ersten Änderung.

Wirtschaftsbetrug macht in England und Wales mehr als 40 % aller Straftaten aus. Das Ziel des Gesetzes ist es, diese Zahl zu senken. Der neue Straftatbestand gilt für „große Unternehmen“, d. h. für Unternehmen, die entweder:

  • mehr als 250 Mitarbeitende beschäftigen,
  • mehr als £36 Mio. Umsatz machen und/oder
  • Vermögenswerte von mehr als £18 Mio. besitzen.

Damit das Gesetz anwendbar ist, müssen Unternehmen mindestens zwei der zuvor genannten Voraussetzungen erfüllen. Die genannten Regelungen gelten auch für Unternehmensgruppen.

Wann macht sich ein großes Unternehmen strafbar?

Der neue Straftatbestand liegt vor, wenn ein Mitarbeitender eine betrügerische Handlung begeht, die zu einem direkten oder indirekten Vorteil führt. Die Definition von Mitarbeitender in diesem Sinne ist strenger als noch im UK Bribery Act 2010 und umfasst:

  • Angestellte
  • Vertreter
  • Tochterunternehmen,
  • alle anderen Personen, die Dienstleistungen für oder im Namen des Unternehmens erbringen.

Unternehmen sind allerdings nicht strafbar, wenn sie selbst Opfer eines Betrugsdelikts sind.

Ein Betrugsvorwurf nach britischem Recht kann von Schedule 13 des ECCTA aufgeführte Straftat sein, ebenso wie Beihilfe, Anstiftung, Beratung oder Veranlassung zur Begehung. Folgende Straftaten fallen somit unter das Gesetz:

  • Betrug an öffentlichen Einnahmen
  • Straftat gemäß den Bestimmungen des Theft Act 1968 oder des Theft Act (Northern Ireland) 1969):
    • Falsche Buchführung
    • Falschaussagen der Geschäftsführung
  • Betrügerisches Handeln gemäß Abschnitt 993 des Companies Act 2006
    • Betrug,
    • Beteiligung an betrügerischen Geschäften, die von einem Einzelunternehmer betrieben werden,
    • Erlangung von Dienstleistungen auf unehrliche Weisen

Wie kann ich mich und das Unternehmen vor dem Straftatbestand schützen?

Unternehmen haben die Möglichkeit, sich gegen den Straftatbestand des Betrugs zu verteidigen, wenn das Unternehmen über angemessene Präventionsverfahren verfügt. Angemessene Präventionsverfahren liegen vor, wenn das Unternehmen zumutbare Maßnahmen eingeführt hat.  In dieser Hinsicht sind bspw. folgende Maßnahmen empfehlenswert:

  • Anti-Fraud-Policy (Richtlinie zur Betrugsprävention),
  • Regelmäßige Risikoanalysen,
  • Themenbezogene Schulungen,
  • Hinweisgebersystem (für deutsche Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden ab dem 17.12.2023 verpflichtend)

Wie hoch können die Strafen sein?

Es sind keine Höchststrafen für Bußgelder genannt.

Welche Wirkung hat das Gesetz für Unternehmen mit Sitz außerhalb des Vereinigten Königreichs?

Wird eine betrügerische Handlung nach dem britischen Recht oder gegen eine britische Person vorgenommen, greift das Gesetz auch, wenn der Unternehmenssitz bspw. in Deutschland ist.

Wann tritt das Gesetz in Kraft?

Die Regierung wird bezüglich der Präventionsmaßnahmen einen Leitfaden veröffentlichen, der detailliertere Informationen sowie „vernünftige Verfahren“ enthält. Es ist noch kein genaues Datum festgelegt, wann der entsprechende Leitfaden veröffentlicht wird, es ist aber davon auszugehen, dass er 2024 kommt.

Es ist deshalb ratsam, sich so früh wie möglich mit dem Thema zu beschäftigen und sich mit den Handlungsempfehlungen so vorzubereiten, dass kein Zeitdruck entsteht, wenn das Gesetz in Kraft tritt.


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