Dipl.-Kfm. Karl-Wilhelm Hofmann
Rz. 461
Welche konkrete Bedeutung hat nun das Arm’s Length Prinzip für den internationalen Mitarbeitereinsatz?
Bei jedem Mitarbeitereinsatz ist zu fragen, zu wessen wirtschaftlichem Vorteil der Mitarbeiter tätig wird. Für das Konzernunternehmen im Heimat- oder im aufnehmenden Gastland? Die Frage stellt sich bei jedem Auslandseinsatz, also auch bei kurzen Dienstreisen zu ausländischen Konzernunternehmen. Die Antwort entscheidet darüber, welches Unternehmen letztendlich die (Gehalts-) Kosten des Mitarbeiters tragen muss. Ein unabhängiges Unternehmen würde diese Kosten auch nur dann tragen, wenn es einen wirtschaftlichen Vorteil aus der Tätigkeit des Mitarbeiters hätte. Liegt der wirtschaftliche Vorteil aus der Auslandstätigkeit ganz oder teilweise nicht beim Heimatunternehmen, sondern bei einem anderen Konzernunternehmen, sind die Regeln des Arm’s Length Prinzips zu beachten.
Rz. 462
Beispiel 2:
Das deutsche Unternehmen A stellt dem japanischen Konzernunternehmen B seinen Mitarbeiter M für zwei Jahre zur Verfügung. M bleibt bei A angestellt und wird auch weiterhin von A bezahlt. M arbeitet allerdings ausschließlich zum wirtschaftlichen Vorteil von B.
A muss wegen des Arm’s Length Prinzips die Gehaltskosten an B weiterbelasten. Fraglich ist, ob die reine Belastung der Gehaltskosten ausreicht oder ob noch ein Gewinnaufschlag hinzukommen müsste. Denn ein fremdes drittes Unternehmen würde einen seiner Mitarbeiter nur dann ausleihen, wenn es dabei einen Gewinn erzielte. Überraschenderweise vertritt die deutsche Finanzverwaltung hier die Auffassung, ein Gewinnaufschlag dürfe bei einer Arbeitnehmerleihe im Konzern nicht erfolgen. Wichtig ist, dass die Weiterbelastung lediglich der Gehaltskosten nur dann zulässig ist, wenn die Arbeitskraft des Mitarbeiters dem anderen Konzernunternehmen zur Verfügung gestellt wird. Das ausleihende Unternehmen haftet dann nur für eine ausreichende Qualifikation des Mitarbeiters, nicht jedoch für dessen Arbeitsergebnisse. Bei Erbringung einer Werkleistung haftet das ausleihende Unternehmen dagegen für das Arbeitsergebnis. In diesem Fall sind die Gesamtkosten plus Gewinnzuschlag zu berechnen.
Ausländische Finanzverwaltungen sehen dies z.T. anders. Es kommt dann zu Konflikten, die letztendlich nur über Verständigungsverfahren zwischen den Finanzverwaltungen gelöst werden können.
Wird M in unserem Beispiel dagegen zum wirtschaftlichen Vorteil von A bei B in Japan tätig, ist zu prüfen, ob eine Belastung von B an A erfolgen müsste. M ist z.B. zu Trainingszwecken in Japan und erlernt dort Fähigkeiten, die er später bei A anwenden wird. In diesem Fall verlangt das Arm’s Length Prinzip die Belastung der B entstehenden Ausbildungskosten an A. Das Gehalt selbst bleibt dagegen als Aufwand bei A, weil der Mitarbeiter zum wirtschaftlichen Vorteil von A in Japan tätig ist.
Rz. 463
Das Arm’s Length Prinzip erfordert nach der Rechtsprechung des BFH des Weiteren eine vorab getroffene klare und eindeutige schriftliche Vereinbarung. Wäre B in Beispiel 2 ein fremdes Unternehmen, würde es eine "aus heiterem Himmel kommende" Gehaltsbelastung nicht ohne weiteres anerkennen. Fremde Dritte würden vielmehr einen schriftlichen Vertrag über die Modalitäten der Tätigkeit des M bei B abschließen. Darin werden alle Einzelheiten, wie Art und Umfang der Tätigkeit, Bezahlung des Mitarbeiters, Kostentragung, Abrechnungsmethode usw. geregelt. Die Belastung von A an B würde dann vertragsgemäß über Rechnungen erfolgen.
Welche Verträge zwischen den beteiligten Konzernunternehmen abzuschließen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Wesentliche Richtschnur ist dabei, welche Leistungen von welchem der Unternehmen im Einzelnen erbracht werden.
Rz. 464
Beispiel 3:
Im oben beschrieben Beispiel 2 wäre zunächst ein Mitarbeitergestellungsvertrag zwischen A und B abzuschließen, weil M weiterhin bei A angestellt ist. Darin sind insbesondere der Zweck und die Dauer der Tätigkeit, die Höhe der Belastung und die Abrechnungsintervalle festzulegen, alles zu Marktkonditionen.
Soll während der Tätigkeit des M in B ein Teil des Gehalts von B in Japan ausgezahlt werden, wäre zusätzlich ein Zahlstellenfunktionsvertrag abzuschließen. Darin wird festgelegt, dass B im Namen, im Auftrag und für Rechnung von A das Gehalt an M auszahlt. In dem Vertrag wird auch das marktübliche Entgelt festgelegt, das B für diese Serviceleistung "Gehaltsauszahlung" erhält. Dabei sind die Kosten inklusive Zinsaufwand für die eventuelle Vorfinanzierung der Gehälter zuzüglich eines Gewinnaufschlags zu berücksichtigen. Ein unabhängiges, drittes Unternehmen würde nämlich unentgeltlich keine Gehälter an eine Person auszahlen, die nicht bei ihm angestellt ist. Der Mitarbeitergestellungs- und der Zahlstellenfunktionsvertrag können in einem einzigen Vertrag zusammengefasst werden.
Es genügt auch nicht, die Verträge nur auf dem Papier“ abzuschließen. Sie müssen vielmehr wie vereinbart tatsächlich durchgeführt werden.
Rz. 465
Liegt kein schriftlicher Vertrag vor, wird die...