Rz. 587

Bei Auslandstätigkeiten richtet sich die deutsche Lohnsteuerpflicht ausschließlich nach § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 EStG. Dabei ist die Nr. 2 der Spezialfall der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (ausländische Verleihunternehmen), der hier nicht behandelt werden soll.

 

Rz. 588

Aus § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ergeben sich zwei Voraussetzungen, die beide erfüllt sein müssen, damit die Pflicht zur Einbehaltung und Abführung von deutscher Lohnsteuer besteht:

Einkommensteuerpflichtiges Gehalt und
ein inländischer Arbeitgeber.
 

Rz. 589

Als einkommensteuerpflichtiges Gehalt sind "Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit", also aus einem Anstellungsverhältnis anzusehen. Das ist bei einem Auslandseinsatz immer gegeben, denn die Mitarbeiter sind ja bei irgendeinem Konzernunternehmen im In- oder Ausland angestellt. Allerdings reicht das einfache Vorliegen von Gehalt nicht aus, um die erste Voraussetzung zu erfüllen. Vielmehr muss es sich um solche Gehälter handeln, die in Deutschland auch von der Einkommensteuer erfasst werden, also einkommensteuerpflichtig sind. Das ergibt sich aus dem Sinnzusammenhang des § 38 EStG mit § 2 EStG und dem Vorauszahlungscharakter der Lohnsteuer. Die Lohnsteuer ist eben keine eigene Steuerart, sondern eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuer. Eine Vorauszahlung ist aber nur dann zu leisten, wenn das Einkommen (Gehalt) überhaupt steuerpflichtig ist. Bei der Prüfung, ob das Gehalt der deutschen Einkommensteuer unterliegt, sind die allgemeinen Spielregeln des deutschen Einkommensteuersystems heranzuziehen. Doppelbesteuerungsabkommen bleiben dabei unberücksichtigt.

Damit lautet die erste Voraussetzung für die Lohnsteuerpflicht: Einkommensteuerpflichtiges Gehalt.

 

Rz. 590

Als zweite Voraussetzung muss der Mitarbeiter einen "inländischen Arbeitgeber" i.S.v. § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Satz 2 EStG haben. Danach kommen als inländische Arbeitgeber solche Unternehmen in Betracht, die einen gewissen Bezug zu Deutschland haben. Dieser kann darin bestehen,

dass das Unternehmen als in Deutschland ansässig gilt (deutsche Unternehmen);
dass ein ausländisches Unternehmen in Deutschland eine Betriebsstätte hat;
dass ein deutsches Unternehmen den Gehaltsaufwand für den Mitarbeiter trägt, ohne der zivilrechtliche Arbeitgeber des Mitarbeiters zu sein.

Damit lautet die zweite Voraussetzung für die Lohnsteuerpflicht: Inländischer Arbeitgeber.

Sind beide Voraussetzungen des § 38 EStG erfüllt, besteht Lohnsteuereinbehaltpflicht.

 

Rz. 591

Eine Befreiung von dieser Pflicht kann sich aus zwei Aspekten heraus ergeben.

Einmal können die Voraussetzungen des Auslandstätigkeitserlasses (s. Rdn 511) vorliegen oder die Befreiung ist aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens möglich.

In beiden Fällen kann sich der Arbeitgeber vom Lohnsteuerabzug befreien, muss es aber nicht. Ein Rechtsnachteil entsteht dem Arbeitnehmer in keinem Fall, denn dieser kann die Freistellung noch im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung beantragen. Das muss er ohnehin, denn sein Einkommensteuerbeamter ist nicht an die Entscheidung des Lohnsteuerbeamten gebunden.

 

Rz. 592

 

Zusammenfassung des Prüfschemas zur Lohnsteuereinbehaltungspflicht

Liegen einkommensteuerpflichtige Gehälter vor?
Liegt ein inländischer Arbeitgeber vor?

Wird auch nur eine der beiden Fragen mit "Nein" beantwortet, besteht ohne Ausnahme keine Lohnsteuereinbehaltpflicht, gleichgültig wie der konkrete Fall gelagert ist.

Werden beide Fragen mit "Ja" beantwortet, besteht. Lohnsteuereinbehaltpflicht. Der Arbeitgeber kann es dabei belassen und Lohnsteuer einbehalten. Alternativ kann er prüfen, ob eine Lohnsteuerbefreiung nach dem Auslandstätigkeitserlass oder nach einem DBA möglich ist. Ist das zu bejahen, kann er eine Freistellungsbescheinigung bei seinem Betriebsstättenfinanzamt beantragen.

Die beiden Voraussetzungen zur Lohnsteuerpflicht und die möglichen Ausnahmen davon sollen nun näher betrachtet werden.

1. Einkommensteuerpflichtige Gehälter

 

Rz. 593

Ob einkommensteuerpflichtige Gehälter vorliegen, richtet sich im Wesentlichen danach, ob der Mitarbeiter während der Auslandstätigkeit außerhalb/innerhalb Deutschlands hier ansässig ist oder nicht. Unter welchen Umständen jemand in Deutschland steuerlich ansässig ist, wurde oben (s. Rdn 479 ff.) ausführlich dargestellt.

Dort wurde auch aufgezeigt, dass die Folge der Ansässigkeit in Deutschland die weltweite Besteuerung der Gehälter des Mitarbeiters hier in Deutschland ist. Es spielt dann keine Rolle, bei welcher Gesellschaft der Mitarbeiter angestellt ist, von wo aus er bezahlt wird, in welcher Währung die Vergütung erfolgt, auf welches Konto das Gehalt überwiesen wird oder wer letztendlich den Gehaltsaufwand trägt. Deutschland besteuert eben einfach aufgrund der Ansässigkeit im Inland die weltweit erzielten Gehälter des Mitarbeiters.

 

Rz. 594

 

Hinweis:

Wenn der Mitarbeiter während der Auslandstätigkeit in Deutschland steuerlich ansässig (= unbeschränkt steuerpflichtig) ist, hat er hier immer einkommensteuerpflichtige Gehälter. Bei einem hier ansässige...

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