Rz. 207

Wird der Beklagte als Erbe von einem Nachlassgläubiger in Anspruch genommen, so muss das Interesse des Beklagten ungeachtet eines weitergehenden Antrages auf Klageabweisung jedenfalls dahin gehen, seine Haftung auf den Nachlass des Erblassers zu beschränken, wenn er mit seinem Klageabweisungsantrag nicht durchdringt.[120] Eine ungeprüfte Aufnahme des Vorbehalts der Beschränkung der Haftung des Erben auf den Nachlass ist dabei geboten, wenn eine sachliche Entscheidung über die Haftungsbeschränkung sowohl zu einer erheblichen zeitlichen Verzögerung als auch zu einer erheblichen Verteuerung des Rechtsstreites führen würde.[121]

 

Rz. 208

Unterlässt der Beklagte als Erbe diese Haftungsbeschränkung, so führt dies gem. § 780 Abs. 1 ZPO, § 1967 BGB dazu, dass der Beklagte als Erbe nicht nur mit dem Nachlass, sondern auch mit seinem Eigenvermögen für die Nachlassverbindlichkeiten haftet.

 

Rz. 209

 

Praxistipp

Soweit der Erbfall erst nach der Titulierung des Anspruchs durch den Gläubiger eintritt, steht dem Erben die besondere Vollstreckungsgegenklage (§ 785 ZPO) zu.[122]

 

Rz. 210

Ist der Erbfall während des ordentlichen Erkenntnisverfahrens eingetreten oder im Hinblick auf eine Nachlassverbindlichkeit bereits vor der klageweisen Geltendmachung, so muss der Beklagte als Erbe die Beschränkung seiner Haftung auf den Nachlass als Einrede im Prozess geltend machen.

 

Rz. 211

 

Hinweis

Durch den Tod einer Partei während des Prozesses tritt kraft Gesetzes eine Unterbrechung nach § 239 ZPO ein, es sei denn, es handelt sich um einen Anwaltsprozess. Im Anwaltsprozess wird das Verfahren lediglich auf Antrag des Bevollmächtigten nach § 246 ZPO ausgesetzt.[123]

 

Rz. 212

Grundsätzlich ist die Beschränkung der Haftung bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung zu erklären. Schon aus Gründen der anwaltlichen Fürsorge und dem Grundsatz des sichersten Weges folgend sollte dies jedoch möglichst schon in der Klageerwiderung, jedenfalls in dem auf den Erbfall folgenden Schriftsatz geschehen und dabei in besonderer Weise hervorgehoben werden.

 

Rz. 213

 

Praxistipp

Einigen sich die Parteien im Wege des Prozessvergleiches gütlich, so muss der Vorbehalt der Beschränkung der Haftung auf den Nachlass auch in den Prozessvergleich aufgenommen werden.[124] Versäumt der Bevollmächtigte dies, kann er sich haftbar machen.

 

Rz. 214

Dem Erben ist es möglich, zunächst in der Sache dem mit der Klage geltend gemachten Anspruch entgegenzutreten und nur hilfsweise zu beantragen, ihm die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass zu gewähren.

 

Rz. 215

Ist in einem Urteil dem vom Schuldner erhobenen Einwand der Dürftigkeit des Nachlasses nicht durch Ausspruch eines entsprechenden Vorbehalts Rechnung getragen worden, kann neben der Möglichkeit, die Aufnahme des Vorbehalts durch eine Urteilsergänzung nach § 321 ZPO zu erreichen, auch ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtung im Wege der Berufung nach den §§ 511 ff. ZPO bestehen.[125]

 

Rz. 216

Beachtet werden muss, dass die Dürftigkeitseinrede auch in der Kostengrundentscheidung Berücksichtigung finden muss. Erhebt der Erbe der Prozesspartei als Kostenschuldner gegen den Gerichtskostenansatz nämlich die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses gem. § 1990 BGB, ist diese nach Auffassung des BGH nur beachtlich, wenn sie bereits bei der Kostengrundentscheidung im Hauptsacheverfahren berücksichtigt worden ist.[126]

[120] Muster unter Rdn 319, 320.
[122] Vgl. hierzu Goebel, AnwaltFormulare Zwangsvollstreckung, 5. Aufl., § 16.
[123] Hierzu ausführlich in § 13 Rdn 442 ff.
[124] BGH MDR 1992, 195 = FamRZ 1991, 1286 = NJW 1991, 2839 = WM 1991, 1812.
[125] OLG Schleswig MDR 2005, 350 = OLGR 2004, 534.
[126] BGH, Beschl. v. 13.1.2004 – XI ZR 35/01, RVG-Report 2004, 199.

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