Rz. 18

Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch darf auch nicht zu einer rechtskräftigen Unterhaltsentscheidung in Wiederspruch stehen.[26] Es ist nämlich davon auszugehen, dass der Unterhaltsverpflichtete, der an sein unterhaltsberechtigtes Kind jeweils die Unterhaltsbeträge gezahlt hat, zu deren Leistung er ihm gegenüber rechtskräftig verurteilt worden ist, nur seiner eigenen rechtskräftig festgestellten Unterhaltspflicht nachgekommen ist, nicht aber eine Verbindlichkeit erfüllt hat, die sich im Verhältnis gegenüber dem Kind als Verpflichtung des anderen Elternteils darstellt. Bei dieser Sachlage entspricht die Zubilligung eines familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs nicht dem Sinn und Zweck dieses Anspruchs. Der Ausgleichsanspruch ist nicht dazu bestimmt, gerichtlich festgesetzte Unterhaltsverpflichtungen, die auf einer Abwägung der Leistungsfähigkeit beider Eltern beruhen, durch "Ausgleich" von Unterhaltsanteilen im Verhältnis der Eltern zueinander abzuändern.[27] Dies bedeutet, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte immer nur im Einklang mit dem Titel Ausgleichsansprüche erheben kann.

Dies ist aber dann problematisch, wenn ein Obhutswechsel vollzogen wird. Der Elternteil, der sich nunmehr um das Kind kümmert, wird aufgrund eines rechtskräftigen Unterhaltstitels formal immer noch zu Unterhaltszahlungen verpflichtet sein. Er kann daher seinerseits nur Unterhalt fordern bzw. einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch geltend machen, wenn zuvor der bestehende Unterhaltstitel abgeändert wurde oder die Beteiligten insoweit zumindest eine außergerichtliche Einigung herbeigeführt haben.[28]

Im Gegensatz zu der durch gerichtliche Entscheidung auferlegten Unterhaltsverpflichtung können Unterhaltsregelungen in gerichtlichen Vergleichen – wie in vollstreckbaren Urkunden – nicht in materielle Rechtskraft erwachsen. Sie "sperren" daher einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch nicht. Insbesondere können gerichtliche Vergleiche im Unterschied zu rechtskräftigen Unterhaltsbeschlüssen (vgl. § 238 Abs. 3 FamFG) ohne Rückwirkungssperre abgeändert werden.[29]

[26] BGH FamRZ 1981, 761.
[27] BGH FamRZ 2017, 611 = FuR 2017, 327.
[28] Vgl. dazu Langheim, FamRZ 2013, 1531; Wendl/Klinkhammer, § 2 Rn 785.
[29] BGH FamRZ 2017, 611 = FuR 2017, 327.

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