1. Muster

 

Rz. 24

Muster 6.6: Abschluss von Versorgungsverträgen

 

Muster 6.6: Abschluss von Versorgungsverträgen

Regelung im Verkaufsvertrag

Der aufteilende Eigentümer als Verkäufer ist berechtigt, für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die zur Verwaltung und zur Nutzung des Objekts zweckmäßigen Verträge abzuschließen. Dazu gehören insbesondere der Verwaltervertrag, Ver- und Entsorgungsverträge wie z.B. Gas, Heizung, Wasser, Strom (Contracting), Kanalisation, Medien, Versicherungsverträge, Dienstverträge wie z.B. Hausmeister, Reinigung, Wartung, Einhaltung von Verkehrssicherungspflichten etc., Bankverträge, sofern sie für die Wohnungseigentumsverwaltung notwendig sind, Gartenpflege. Soweit die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durch den Verwalter vertreten wird, ist der aufteilende Eigentümer berechtigt, über diesen den Abschluss entsprechender Verträge zu veranlassen. Dabei dürfen nur ortsübliche Bedingungen vereinbart werden. Soweit möglich, sind diese Verträge unter Berücksichtigung der angemessenen Interessen der Vertragspartner so zu befristen oder Kündigungsmöglichkeiten vorzusehen, dass der Eigentümerversammlung bzw. den Eigentümern ein Wechsel der Vertragspartei innerhalb üblicher Fristen möglich ist (siehe Rdn 26).

 

Praxistipp

Vorsicht ist geboten, wenn der Bauträger für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Verträge mit langen Laufzeiten eingehen will.

2. Erläuterungen

 

Rz. 25

Nach § 9a Abs. 1 S. 1 WEG kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen. Als rechtsfähiger Verband entsteht die Gemeinschaft bereits mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher (§ 9a Abs. 1 S. 2 WEG). Die früher problematische Frage, wie der aufteilende Eigentümer erforderliche Ver- und Entsorgungsverträge, die sich auf das gemeinschaftliche Eigentum beziehen, mit Wirkung für alle Beteiligten abschließen kann, hat dadurch weitgehend ihre Bedeutung verloren.[25] Ist noch kein Verwalter bestellt, vertritt der aufteilende Eigentümer die Gemeinschaft alleine, auch bei Vorhandensein werdender Miteigentümer.[26] Da Vertragspartner unmittelbar die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist, bedarf es auch keiner Vertragsüberleitung, etwa auf die einzelnen Wohnungseigentümer. Der Gestaltungsbedarf verlagert sich vielmehr auf den möglichen Konflikt zwischen aufteilendem Eigentümer und den Erwerbern, wenn der aufteilende Eigentümer aus Sicht der Erwerber nachteilige Verträge geschlossen hat. Sollte es ausnahmsweise erforderlich sein, dass Verträge direkt im Namen der Sondereigentümer abgeschlossen werden, bedarf der aufteilende Eigentümer dafür einer Vollmacht.[27] Hinzu kommt, dass diese Vertragsverhältnisse teils öffentlich-rechtlich, teils privatrechtlich zu beurteilen sind. Entscheidend ist daher eine Regelung in den Verkaufsverträgen, die die Berechtigung des aufteilenden Eigentümers beschreibt und bei Bedarf auch begrenzt.[28] So hat etwa das OLG Düsseldorf eine Klausel in einem Bauträgervertrag als zulässig betrachtet, wonach der Erwerber verpflichtet war, in ein Wärmecontracting mit 15-jähriger Laufzeit einzutreten.[29]

 

Rz. 26

Vorsichtshalber sollte der Aufteiler aufgrund der Musterklausel allerdings nur solche Verträge abschließen, die nach der Verkehrsauffassung für die Bezugsfertigkeit und Funktionsfähigkeit der einzelnen Einheiten und der Gesamtgemeinschaft erforderlich sind. Soweit es sich im Zweifelsfall um eher unübliche Vertragsverhältnisse insbesondere mit langen Laufzeiten handelt, ist dringend darauf hinzuwirken, dass der Abschluss solcher Vertragsverhältnisse zum konkreten Gegenstand der Erwerbsverträge gemacht wird, ggf. durch beigefügte Anlagen.

[25] V. Türckheim, notar 2021, 3 (8).
[26] Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kapitel 3 Rn 87.
[27] Beispielhaft für Rauchwarnmelder BGH ZWE 2013, 358; Überblick über die landesgesetzlichen Regelungen insoweit z.B. bei Schmidt-Räntsch, ZWE 2013, 431.
[28] Zur Bedeutung der Verbrauchereigenschaft in diesem Zusammenhang Drasdo, BWNotZ 2021, 184 ff.
[29] OLG Düsseldorf IBR 2008, 158 – zweifelhaft.

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