Rz. 102

Der PKH-Antrag folgt der Zuständigkeit für die Hauptsache. Dies gilt auch dann, wenn der PKH-Antrag gesondert eingereicht wird.

 

Rz. 103

 

Beispiel 1:

Mandant M erhebt eine sog. Kostenvorschussklage i.H.v. 2.500,00 EUR gegen seinen in Hanau wohnenden Vermieter aufgrund eines erheblichen Wasserschadens in der von ihm bewohnten Mietwohnung in Berlin-Kreuzberg (Der Mandant M als Mieter hat Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses hinsichtlich der Kosten für die Beseitigung des Wasserschadens. Ein solcher Anspruch besteht, sofern die Voraussetzungen des § 536a Abs. 2 BGB gegeben sind. Es handelt sich hierbei um einen Anspruch auf Ersatzvornahmekosten. Der Betrag kann erhöht werden, sofern die ursprünglichen Kosten der Ersatzvornahme nicht ausreichend sind. Auch wenn ein Urteil bereits vorliegt, können weitere, nachträglich entstandene Kosten eingeklagt werden). Da hier Streitigkeiten aus einem Wohnraummietverhältnis betroffen sind, handelt es sich gem. § 29a ZPO um einen ausschließlichen Gerichtsstand. Die Klage ist bei dem Gericht zu erheben, in dessen Bezirk sich die Wohnung befindet. Gem. § 23 Nr. 2a GVG ist das AG ausschließlich zuständig.

Der Antrag des Mandanten M wird bei dem für die Hauptsache zuständigen AG in Berlin Kreuzberg (AG Tempelhof-Kreuzberg) gestellt.

 

Rz. 104

 

Abwandlung 1 Beispiel 1:

Das AG gibt der Klage i.H.v. 1.500,00 EUR statt. I.Ü. weist es die Klage zurück. Der Mandant ist i.H.v. 1.000,00 EUR beschwert (dies ist der Betrag, mit dem Mandant M hinsichtlich seines Antrags unterliegt, d.h. die Differenz zwischen dem eingeklagten Betrag i.H.v. 2.500,00 EUR und dem zuerkannten Urteilsbetrag i.H.v. 1.500,00 EUR). Die Voraussetzungen für die Einlegung der Berufung im Hinblick auf den Wert der Beschwer sind gegeben (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Der Wert der Beschwer muss grds. 600,00 EUR übersteigen.

Sofern Mandant M Berufung gegen dieses Urteil einlegen möchte und ebenfalls in diesem Verfahren PKH begehrt, ist von dem Mandanten M bzw. von seinem Prozessbevollmächtigten (da Anwaltszwang vor den LG gem. § 78 Abs. 1 ZPO herrscht) neben der Berufung auch für das Berufungsverfahren erneut ein PKH-Antrag bei dem LG zu stellen.

 

Rz. 105

 

Abwandlung 2 Beispiel 1:

Das LG als Berufungsgericht bewilligt dem Kläger und Berufungskläger PKH und gibt der Berufung vollumfänglich statt. Der Vermieter ist verpflichtet 2.500,00 EUR zu zahlen. Das Urteil liegt dem Kläger in vollstreckbarer Ausfertigung (Titel, Klausel, Zustellung) vor. Der Vermieter rührt sich nicht und leistet keine Zahlung. Mandant M will Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten und ebenfalls einen PKH-Antrag stellen.

Der Zwangsvollstreckungsauftrag und der PKH-Antrag sind bei dem AG Hanau, Vollstreckungsgericht, zu stellen. Das Vollstreckungsgericht ist das Gericht, das Vollstreckungshandlungen wahrnimmt oder das bei Vollstreckungshandlungen mitwirkt. Sofern nicht vom Gesetz ein anderes bestimmt wird, ist das Vollstreckungsgericht das Gericht, in dessen Bezirk das Zwangsvollstreckungsverfahren stattfinden soll, § 764 ZPO. I.d.R. ist das Vollstreckungsgericht das AG (§ 764 Abs. 1 ZPO). U.U. kann es auch das LG sein. (§ 930 Abs. 1 Satz 3 ZPO).

 

Rz. 106

 

Beispiel 2:

Mandant M und seine Ehefrau, beide deutsche Staatsangehörige, die vor dem Standesamt in München die Ehe miteinander geschlossen haben, möchten sich nach fünf Ehejahren scheiden lassen. Sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen für die Ehescheidung liegen vor. Die Eheleute leben in dem Einfamilienhaus im Müllenhoffweg in Hamburg voneinander getrennt.

Familiensachen werden in erster Instanz vom AG, als FamG, verhandelt. Die sachliche Zuständigkeit der AG ist in den §§ 23a, 23b GVG geregelt. Da es sich hier um eine Ehesache handelt, ist das AG, FamG, in erster Instanz sachlich zuständig.

Die örtliche Zuständigkeit ist in § 122 FamFG geregelt. Örtlich zuständig ist hier das FamG Hamburg-Altona. Mandant M, muss den Antrag auf Bewilligung von PKH bei dem AG, FamG, Hamburg-Altona stellen.

 

Rz. 107

 

Hinweis:

PKH ist für jeden Rechtszug gesondert zu stellen (§ 119 ZPO). PKH gilt jeweils nur für die Instanz, für die es beantragt worden ist. Ist der Antragsteller in einem Berufungsverfahren Berufungsbeklagter, so muss er, sofern er PKH auch für das Berufungsverfahren begehrt, einen Antrag auf Bewilligung von PKH stellen.

Die Besonderheit bei dieser Konstellation ist jedoch die, dass das Berufungsgericht weder die Erfolgsaussicht noch das Kriterium der Mutwilligkeit prüft. Es erfolgt ­lediglich eine Prüfung hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 119 ZPO). Legt der Kläger oder der Beklagte jedoch Berufung ein und stellt einen Antrag auf Bewilligung von PKH, so erfolgt in diesem Fall die Prüfung der Erfolgsaussicht, Mutwilligkeit sowie die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse.

 

Rz. 108

 

Beispiel 3:

Mandant M reicht einen Scheidungsantrag bei dem FamG Pankow-Weißensee ein. Das FamG bewilligt dem Antragsteller für das Scheidungsverfahren und die Folgesache Versorgungsausgleich unter Beior...

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