Rz. 72

PKH erhält, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht, nur teilweise oder nur in Raten in der Lage ist, die Kosten des Rechtsstreits aus eigenen Mitteln aufzubringen. Grds. hat jede Partei, die einen Antrag auf Bewilligung von PKH stellt, ihr Einkommen und Vermögen einzusetzen, um den Prozess aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Zum Einkommen gehört Geld und Geldeswert (Geldeswert = z.B. Sachbezüge, kostenfreies Wohnen o.Ä.).

 

Rz. 73

Da aber diejenigen, die nur über ein sehr geringes oder gar kein Einkommen verfügen denen gegenüber, die in der Lage sind, einen Prozess zu finanzieren, nicht benachteiligt werden sollen, besteht die Möglichkeit, PKH zu beantragen, die an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist.

 

Rz. 74

Ein Schlagwort ist z.B. die "Bedürftigkeit", dass ein "Hartz-IV-Empfänger", der neben diesem Einkommen keinerlei weiteres Einkommen oder Vermögen hat, die Voraussetzung hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erfüllt, ist eher unproblematisch.

 

Rz. 75

Wie sieht es aber aus, wenn es sich bei dem Mandanten, der PKH beantragt, um jemanden handelt, der ein Einkommen aus selbstständiger oder nicht selbstständiger Tätigkeit bezieht. Darauf wird anhand des folgenden Fallbeispiels eingegangen.

 

Beispiel 1:

Der 35-jährige Mandant M begehrt die Scheidung seiner Ehe. Nach Abzug der Steuern, Pflichtversicherungsbeiträge zur Sozialversicherung, Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung verfügt er über ein Nettoeinkommen i.H.v. 1.400,00 EUR.

Er hat ein minderjähriges Kind, dem er Unterhalt i.H.v. 300,00 EUR monatlich gewährt.

Daneben zahlt er einen Ratenkredit i.H.v. 150,00 EUR zur Finanzierung eines Gebrauchtwagens. Die Miete einschließlich Betriebs- und Heizkosten beträgt 480,00 EUR. In dem ersten Beratungsgespräch mit dem RA erkundigt sich der Mandant, ob die Möglichkeit besteht, VKH zu beantragen, da ihm nach Abzug seiner Fixkosten lediglich 470,00 EUR "zum Leben" verbleiben.

 

Rz. 76

 

Hinweis:

Hinsichtlich einer etwaigen Belehrungspflicht des RA gegenüber seinem Auftraggeber wegen der Möglichkeit von Gewährung von PKH verweise ich auf die Ausführungen unter § 8 Rdn 45.

 

Rz. 77

Maßgeblich ist zunächst das Bruttoeinkommen. Von diesem Einkommen werden Steuern und Vorsorgeaufwendungen sowie die in § 115 ZPO genannten Beträge in Abzug gebracht. Das BMJ gibt einmal jährlich für die Zeit vom 01.07. bis zum 30.06. die sog. Freibeträge heraus. Diese Freibeträge sind von dem Einkommen in Abzug zu bringen.

 

Rz. 78

Der sich nach Abzug dieser Beträge ergebende Restbetrag ist entscheidend dafür, ob PKH bewilligt wird und ggf. in welcher Höhe (in voller Höhe, wenn kein einzusetzendes Einkommen vorhanden ist oder mit einer Ratenzahlungsverpflichtung für den Antragsteller). Verbleibt ein Betrag weniger als 10,00 EUR wird PKH ohne Ratenzahlung bewilligt, verbleibt ein Betrag von 10,00 EUR wird PKH mit Ratenzahlung bewilligt (im Hinblick auf die Vorschrift von § 115 Abs. 2 ZPO; Stand 1.1.2018).

 

Rz. 79

Je nach Höhe des verbleibenden einzusetzenden Einkommens wird entsprechend die Ratenhöhe festgesetzt. Die Berechnung bzw. Ermittlung ob und ggf. in welcher Höhe PKH bewilligt wird, erfolgt durch den Rechtspfleger.

 

Rz. 80

Grundlage für die Berechnung ist die Vorschrift des § 115 ZPO.

 

Rz. 81

 

Praxistipp:

Für den Fall, dass sich der Mandant an Sie wendet und Sie mit der Frage konfrontiert sind, ob er aufgrund seines Einkommens Anspruch auf PKH hat, kann zum Einen neben dem in § 115 ZPO geregelten Verfahren das Ergebnis annähernd ermittelt werden oder aber über sog. "Prozesskostenhilferechner" eine ungefähre Auskunft erteilt werden.

PKH-Rechner finden Sie bspw. auf den folgenden Internetseiten (da das Internet einem ständigen Wandel unterliegt, kann für die Richtigkeit der angegebenen Internetadressen keine Gewähr übernommen werden):

www6.carookee.com/forum/Elternforum/5/5433234–0–01113
https://www.google.de/?gws_rd=ssl
http://www.pkh-rechner.de/
 

Rz. 82

Eine exakte Bezifferung durch den RA kann jedoch nicht erfolgen, da bestimmte Kosten des Mandanten nicht immer vom Gericht im Rahmen der Berechnung berücksichtigt werden (z.B. Ratenkredit für sog. Luxusgüter). Demgegenüber können andere, besondere Belastungen von dem Gericht berücksichtigt werden.

 

Rz. 83

Der Mandant sollte darauf hingewiesen werden, dass die durch die Kanzlei erfolgte Ermittlung des einzusetzenden Einkommens unter dem Vorbehalt der endgültigen Berechnung durch das Gericht erfolgt. Eine Berechnung erfolgt immer ohne Gewähr.

 

Rz. 84

Muster 6.3: Belehrung über vorbehaltliche PKH-Berechnung

 

Muster 6.3: Belehrung über vorbehaltliche PKH-Berechnung

Wir haben anhand der von Ihnen überlassenen Unterlagen im Rahmen der Prozesskostenhilfe ein einzusetzendes Einkommen von _________________________ EUR ermittelt.

Diese Berechnung erfolgt vorbehaltlich der Berechnung durch das Gericht.

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