Rz. 64

Schadensersatzansprüche wegen verspäteter Leistungen setzen den Verzug des Schuldners voraus. Von Verzug i.S.d. § 286 Abs. 1 BGB spricht man, wenn der Schuldner einer Leistung die ihm obliegenden Pflichten nicht zum gesetzlich oder vertraglich vorgeschriebenen Zeitpunkt erbringt und der Gläubiger ihn zur Erbringung seiner Verpflichtung gemahnt hat.

Der Mahnung steht gleich, wenn der Gläubiger einen Mahnbescheid beantragt oder Klage erhebt, § 286 Abs. 1 S. 2 BGB.

Die Mahnung ist eine mit oder nach Fälligkeit der vom Schuldner zu erbringenden Leistung ergehende Aufforderung an diesen, nunmehr die Leistung zu erbringen. Sie wird regelmäßig mit einer Fristsetzung verbunden. Mahnt der Gläubiger einen zu hohen Betrag oder eine zu umfangreiche Leistung an, zu der der Schuldner nicht verpflichtet ist, so macht dies die Mahnung nicht unwirksam, es sei denn, die Forderung ist dermaßen übertrieben, dass der Mahnung ein ernstzunehmender Charakter nicht mehr zukommt. Aus dem Erfordernis einer Mahnung folgt weiterhin, dass der Schuldner nur hinsichtlich des angemahnten Teils der Leistung in Verzug gerät, nicht im Hinblick auf etwa nicht angemahnte Leistungsteile. Einer Mahnung, die auf einen Zeitpunkt vor Fälligkeit der Forderung gerichtet ist, kommt keine verzugsbegründende Wirkung zu.

 

Rz. 65

Erbringt ein Gläubiger Leistungen, schreibt er seinen Kunden häufig eine Rechnung, in der regelmäßig neben dem Zahlbetrag ein Zahlungstermin angegeben ist. Hier lauern oft Fehlerquellen, die zu unnötigen Streitigkeiten führen. Im Jahr 2007 gelangte so ein Verfahren bis zum Bundesgerichtshof. Dieser stellte mit Urt. v. 25.10.2007 (Az.: III ZR 91/07) Maßstäbe für die Art und Weise der Zahlungsaufforderung auf. Demnach reicht es für die Ausnahmeregelung des § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht aus, wenn der Zahlungstermin einseitig durch den Gläubiger festgelegt wird.

Um den Schuldner (Verbraucher) wirksam in Verzug zu setzen, sollte daher laut des BGH-Urteils bereits vertraglich eine bestimmte Leistungszeit vereinbart werden, denn es reicht eben gerade nicht aus, wenn die Leistungszeit einseitig, beispielsweise durch eine Formulierung in der Rechnung wie "zahlbar innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungserhalt" festgelegt wird.

Alternativ könnte die Rechnung an Verbraucher auch mit dem Zusatz versehen werden, dass der Kunde "automatisch 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang der Rechnung in Verzug gerät, ohne dass es einer Mahnung bedarf". Mit dieser Formulierung könnte somit auf die den Verzug auslösende Mahnung verzichtet werden.

 

Beispiel

A hat gegen B (Verbraucher) aus einer Warenlieferung eine Rechnung über 5.000,00 EUR gestellt. Diese enthält folgenden Hinweis: "Den Rechnungsbetrag überweisen Sie bitte bis zum 5.5.2009 auf das rechts unten angegebene Konto." Eine Zahlung erfolgt zunächst nicht. Es ergehen weitere Zahlungsaufforderungen, deren Erhalt B aufgrund seines Wohnungswechsels bestreitet. A lässt durch einen Anwalt die neue Adresse ermitteln, zusätzlich wird ein anwaltliches Aufforderungsschreiben an B gesendet, das dieser am 12.7.2009 erhält. Das anwaltliche Aufforderungsschreiben enthält einen Hinweis zur Begleichung der Rechnung und der Anwaltskosten. B begleicht daraufhin sofort die Kaufsumme, nicht aber die Anwaltskosten, weshalb A sodann klagt.

Im diesem Fallbeispiel gerät B erst mit dem Zugang des anwaltlichen Aufforderungsschreibens am 12.7.2009 in Verzug. Die Kosten für das anwaltliche Aufforderungsschreiben als Schadensersatzansprüche wegen verspäteter Leistung können deshalb von A nicht geltend gemacht werden.

Auch der BGH lehnte in einem ähnlich gelagerten Fall die Ansprüche ab und erklärte, dass die Zahlungsaufforderung mit oben genanntem Hinweis nicht ausreichend sei, um die Rechnung fällig zu stellen.

 

Rz. 66

Eine Mahnung ist verzichtbar, wenn der Schuldner die Erbringung der Leistung bereits ernsthaft und endgültig abgelehnt hat, § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Man spricht dann von der sog. "Selbstmahnung".

 

Beispiel:

A hat einen Kaufpreisanspruch in Höhe von 15.000,00 EUR gegen B, der am 15.9.2004 fällig wird. Am 5.9.2004 teilt B dem A mit, dass er den Anspruch nicht erfüllen werde, weil er meine, dass die gekaufte Ware keinesfalls so viel wert sei. Eine Zahlung des Kaufpreises verweigere er kategorisch.

Hier bedarf es keiner weiteren Mahnung, da B sich durch seine Weigerung zur Zahlung selbst gemahnt hat, eine weitere Mahnung somit zeitraubender Formalismus wäre.

 

Rz. 67

Nach § 286 Abs. 3 BGB tritt Verzug ohne weitere Mahnung auch 30 Tage nach Zugang einer Rechnung oder Zahlungsaufstellung ein. Gegenüber einem Verbraucher als Rechnungsempfänger gilt dies jedoch nur, wenn die Rechnung oder Zahlungsaufstellung einen entsprechenden Hinweis enthält.

 

Rz. 68

Der Verzug bedingt verschiedene Rechtsfolgen. Zum einen haftet der Schuldner in der Zeit seines Verzuges für jede Form der Fahrlässigkeit und für Zufall, wenn der Schaden bei rechtzeitiger Leistung nicht eingetreten wäre, § 287 BGB. Weiterhin hat er dem Gläubiger für durch den Verzug entst...

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