Rz. 55

Von Unmöglichkeit spricht man, wenn eine fällige Leistung nicht erbracht wird und auch nicht mehr erbracht werden kann. Gem. § 275 BGB wird die Unmöglichkeit in drei Tatbestände unterteilt:

"Echte" Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 BGB): Dieser Tatbestand beschreibt Fälle, in denen die Leistung für jedermann oder auch nur für den Schuldner unmöglich ist.

 

Beispiel

A hat von B ein Aquarell gekauft. Vor der Übereignung wird das Bild durch einen Brand zerstört. A ist es tatsächlich unmöglich, den Vertrag zu erfüllen. Wurde das Aquarell dagegen nur gestohlen, ist für A die Leistung (subjektiv) unmöglich. Der (unbekannte) Dieb könnte ja theoretisch noch leisten.

Gleichgestellt sind dieser "echten" Unmöglichkeit zwei andere Tatbestände.

Praktische Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 2 BGB): Dieser Tatbestand kommt dann infrage, wenn eine Leistung zwar theoretisch denkbar, faktisch aber ausgeschlossen ist.

 

Beispiel

A verkauft an Bord eines Kreuzfahrtschiffes an B eine wertvolle gebrauchte Taschenuhr. Vor der Übergabe fällt das Schmuckstück ins Meer. Theoretisch wäre die Leistung möglich, faktisch ist dies für den Schuldner aber ein unüberwindbares Hindernis. § 275 Abs. 2 BGB ist somit nur anwendbar, wenn nach den Umständen niemand die Leistungserbringung ernsthaft erwarten würde.

Persönliche Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 3 BGB): Von dieser Form spricht man, wenn eine Leistung durch den Schuldner höchstpersönlich erbracht werden muss, aufgrund besonderer Umstände dies für ihn aber unzumutbar ist.

 

Beispiel

A nimmt während der Arbeitszeit einen dringenden Arztbesuch vor.

 

Rz. 56

Die primäre Rechtsfolge aus der "echten" Unmöglichkeit ist, dass der Schuldner von seiner Leistungspflicht befreit ist (§ 275 Abs. 1 BGB). Im Falle praktischer oder persönlicher Unmöglichkeit der Leistungserbringung kann der Schuldner die Leistung verweigern (§ 275 Abs. 2 und 3 BGB).

 

Rz. 57

Die Rechte des Gläubigers ergeben sich aus den in § 275 Abs. 4 BGB genannten Paragraphen.

Zunächst entfällt die Leistungspflicht des Gläubigers. Wenn also der Schuldner nicht leisten kann, braucht der Gläubiger seinerseits auch nicht zu leisten (§ 326 Abs. 1 BGB).
Weiterhin kann der Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung fordern (§§ 280, 283 BGB). Dies setzt voraus, dass dem Gläubiger ein Schaden entstanden ist und der Schuldner die Unmöglichkeit zu vertreten hat.
Schließlich kann der Gläubiger vom Vertrag zurücktreten (§ 326 Abs. 5 BGB).
 

Beispiel

A hat sich verpflichtet, dem B den in seinem Keller gelagerten seltenen Wein zu liefern. Vor der Auslieferung des Weines bricht D in den Keller ein und stiehlt den gesamten Wein. A wird in diesem Fall von der Leistung frei, weil er den Einbruch des D nicht zu verantworten hat. Er muss daher weder Wein liefern noch Schadensersatz leisten. B wird allerdings von seiner Pflicht, den Wein zu bezahlen, gemäß § 326 BGB frei; außerdem kann er von dem Vertrag zurücktreten.

Etwas anderes gilt jedoch, wenn A den Wein mehrere Tage öffentlich vor seinem Haus aufgestapelt hat und ihn Passanten dort mitnehmen. Zwar wird A wegen Unmöglichkeit der Lieferung auch dann von der Leistung frei. Allerdings hat er in diesem Fall die Unmöglichkeit zu vertreten, so dass B Schadensersatzansprüche zustehen.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge