1. Zulassung der Berufung durch das VG von Amts wegen

 

Rz. 31

§ 124a Abs. 1 VwGO sieht die Zulassung der Berufung durch das VG von Amts wegen (ohne Antrag)[35] vor, wenn

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) oder
bei Abweichung von obergerichtlicher Rechtsprechung (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO),

wobei das OVG an die Zulassung gebunden ist. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das VG nicht befugt (§ 124a Abs. 1 S. 3 VwGO).

 

Rz. 32

Liegt einer der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO vor, so hat das VG die Berufung zuzulassen.[36]

[35] Kopp/Schenke, § 124a Rn 4.
[36] Dies gilt nur dann nicht, wenn die Berufung in Spezialgesetzen ausgeschlossen ist; dazu insgesamt: Kopp/Schenke, § 124a Rn 3.

2. Einlegung der Berufung; Frist; Vertretungszwang

 

Rz. 33

Ist die Berufung vom VG zugelassen worden, so ist sie innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils[37] beim VG einzulegen, wobei die Berufung das angefochtene Urteil bezeichnen muss (§ 124a Abs. 2 VwGO). Es bedarf im Fall der Berufungszulassung durch das VG – anders im Falle der Zulassung durch das OVG gemäß § 124a Abs. 5 S. 5 VwGO – einer gesonderten Einlegung der Berufung.

 

Rz. 34

Für die Einlegung der Berufung beim VG besteht nach § 67 Abs. 4 VwGO Vertretungszwang. Obwohl die Einlegung beim VG erfolgt, gilt dies mit Blick auf § 67 Abs. 4 S. 2 VwGO.

Auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung besteht nach § 67 Abs. 4 VwGO Vertretungszwang.

[37] Dazu Kopp/Schenke, § 124a Rn 23.

3. Begründung der zugelassenen Berufung; Frist

 

Rz. 35

Die Frist für die Begründung der zugelassenen Berufung beträgt für die antragsunabhängige verwaltungsgerichtliche Zulassung durch § 124a Abs. 1 S. 1 VwGO zwei Monate. Auf einen vor Fristablauf gestellten Antrag hin kann die Frist vom Vorsitzenden des Senats verlängert werden (§ 124a Abs. 3 S. 3 VwGO).

 

Rz. 36

Die Begründung ist – sofern sie nicht gleichzeitig mit der Berufungseinlegung erfolgt – beim OVG/VGH einzureichen, § 124a Abs. 3 VwGO.

 

Rz. 37

Die Begründung muss einen bestimmten Antrag sowie die Berufungsgründe enthalten. Die Berufung ist unzulässig, wenn Antrag und Berufungsgründe fehlen, § 124a Abs. 3 S. 4 und 5 VwGO.[38]

[38] Kopp/Schenke, § 124a Rn 27 ff., 33 ff.

4. Zulassungsentscheidung durch das VG

 

Rz. 38

Liegen die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO vor, so ist die Berufung zuzulassen; ist § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht gegeben, so darf die Berufung nicht zugelassen werden. Dem VG steht weder ein Ermessens- noch ein Beurteilungsspielraum zu. Allerdings ist das VG zu einer Nichtzulassung der Berufung nicht befugt (§ 124a Abs. 1 S. 3 VwGO).[39]

 

Rz. 39

Das OVG/der VGH ist an eine vom VG ausgesprochene Zulassung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das VG die Berufung trotz Fehlens eines Zulassungsgrundes zugelassen hat (§ 124a Abs. 1 S. 2 VwGO; vgl. BVerwGE 102, 95, 98 f.; 108, 108, 110). Dies gilt auch bei offensichtlicher Rechtswidrigkeit der Zulassung.[40] Die Zulassung durch das VG sagt allerdings nichts aus über die Begründetheit der Berufung.[41]

 

Rz. 40

Unwirksam ist die Zulassung allerdings, wenn gegen die gerichtliche Entscheidung überhaupt keine Berufung statthaft ist oder wenn dem VG nach der Rechtslage keine Zulassungskompetenz zusteht.[42]

Die Zulassung wirkt gegenüber allen Beteiligten.

 

Rz. 41

Eine nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO gebotene Berufungszulassung gehört in die Entscheidung zur Hauptsache. Die Zulassung kann sowohl im Tenor als auch in den Gründen ausgesprochen werden. Jedenfalls muss sie in unmissverständlicher, klarer und eindeutiger Weise erfolgen. Ein Berufungszulassungsausspruch in der Rechtsmittelbelehrung reicht nicht.[43]

[39] Dazu Kopp/Schenke, § 124a Rn 12.
[40] Kopp/Schenke, § 124a Rn 6, 11.
[41] Kopp/Schenke, § 124a Rn 11.
[43] Kopp/Schenke, § 124a Rn 10.

5. Antrag auf Zulassung der Berufung, wenn Berufung nicht im Urteil des VG zugelassen ist

 

Rz. 42

Wird die Berufung nicht im Urteil zugelassen, so ist nur ein Antrag auf Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 4 VwGO statthaft.[44] Dies gilt auch, wenn das VG entgegen § 124a Abs. 1 S. 3 VwGO die Nichtzulassung der Berufung ausspricht.[45]

Ein Muster für einen Antrag aufZulassung der Berufung findet sich bei: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, § 124a VwGO Rn 31; zur Begründung eines Antrags auf Zulassung der Berufung: siehe Fehling/Kastner/Störmer, § 124a VwGO Rn 53.

[44] Kopp/Schenke, § 124a Rn 9, 12.
[45] Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, § 124a Rn 23.

6. Wirkung der Zulassung

 

Rz. 43

Ist die Berufung zugelassen, so ist die Berufung in vollem Umfang und nicht nur bzgl. des angenommenen Zulassungsgrundes eröffnet.[46] Eine Teilzulassung ist mit Blick auf das Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen nur für einen Teil des Streitstoffs grundsätzlich möglich.[47]

[46] Kopp/Schenke, § 124a Rn 13.
[47] Kopp/Schenke, § 124a Rn 15.

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