1. Einlegung der Beschwerde; Frist

 

Rz. 145

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen (§ 147 Abs. 1 S. 1 VwGO) nach Bekanntgabe der Entscheidung bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird (§ 147 Abs. 1 VwGO), schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

 

Rz. 146

Eine Fristverlängerung scheidet aus (§ 57 Abs. 2 VwGO, § 224 Abs. 2 ZPO). Denkbar ist allerdings eine Wiedereinsetzung, wenn die Voraussetzungen des § 60 VwGO gegeben sind. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Beschwerdefrist beim Beschwerdegericht eingeht (§ 147 Abs. 2 VwGO). Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung, so gilt § 58 Abs. 2 VwGO.

 

Rz. 147

Die Beschwerdefrist beginnt mit der Bekanntgabe der vollständigen mit einer schriftlichen und zugleich fehlerfreien Rechtsmittelbelehrung versehenen Entscheidung.[157]

[157] Kopp/Schenke, § 147 Rn 3; Bader u.a., § 147 Rn 4.

2. Vertretungszwang

 

Rz. 148

Für die Einlegung der Beschwerde und das Beschwerdeverfahren besteht grundsätzlich Vertretungszwang (§ 147 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 67 Abs. 4 S. 1 und 2 VwGO). Der Vertretungszwang gilt schon für die Einlegung der Beschwerde. Diese vorher streitig diskutierte Frage ist durch § 67 Abs. 4 S. 2 VwGO klargestellt.

 

Rz. 149

Die durch § 147 Abs. 1 S. 1 VwGO eingeräumte Möglichkeit, die Beschwerde zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen mag zwar wegen des Vertretungszwangs in der Praxis ausscheiden. Gleichwohl ist es aber zulässig, dass ein vor dem OVG/VGH postulationsfähiger Prozessvertreter hiervon Gebrauch macht, auch wenn dies eher theoretischer Natur sein mag (str.).[158]

[158] Geiger, BayVBl 2003, 65, 75; a.A. Fehling/Kastner, Verwaltungsrecht, § 147 VwGO Rn 3, nach dem die Einlegung zur Niederschrift mit Blick auf den Vertretungszwang nicht möglich sein soll; Bader, VBlBW 2002, 471, 476, Punkt 2a, der die Möglichkeit zur Einlegung zur Niederschrift nur noch für Beschwerden sieht, die dem Vertretungszwang nicht unterliegen.

3. Abhilfe und Vorlage

 

Rz. 150

Das VG bzw. der Vorsitzende oder der Berichterstatter, dessen Entscheidung angefochten wird, sind verpflichtet, einer grundsätzlich zulässigen und begründeten Beschwerde abzuhelfen.

 

Rz. 151

Wird nicht abgeholfen, so hat das Gericht der Beschwerde diese unverzüglich dem OVG/VGH vorzulegen, wobei die Beteiligten von der Vorlage in Kenntnis gesetzt werden sollen (§ 148 VwGO).

4. Ausnahmsweise aufschiebende Wirkung der Beschwerde

 

Rz. 152

Für den Regelfall der Beschwerde schließt § 149 Abs. 1 S. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung aus. Anders ist es nur, wenn die Beschwerde die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels zum Gegenstand hat. Die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung kann aber gemäß § 149 Abs. 1 S. 2 ausgesetzt werden.

5. Entscheidung über die Beschwerde

 

Rz. 153

Über die Beschwerde entscheidet das OVG/der VGH durch Beschluss (§ 150 VwGO). Die Beschwerdeentscheidung ist endgültig. Der Beschluss des OVG/VGH über die Beschwerde ist unanfechtbar. Eine weitere Beschwerde ist nach der VwGO nicht vorgesehen (§ 152 VwGO). Anders sollte es nur sein bei "greifbar gesetzeswidrigen Entscheidungen" mit schwerwiegenden Mängeln, die mit der Rechtsordnung schlechthin unvereinbar sind.[159] Zu dieser "außerordentlichen Beschwerde" hat das BVerwG dann aber mit Beschl. v. 5.10.2004[160] entschieden, dass für die Befassung des nächsthöheren Gerichts mit außerordentlichen Rechtsbehelfen seit Inkrafttreten des Zivilprozessreformgesetzes v. 27.7.2001[161] kein Raum mehr sei (siehe dazu unten Rdn 184 ff.).

 

Rz. 154

Denkbar sind aber die Abänderung fehlerhafter Entscheidungen von Amts wegen oder auf Gegenvorstellung eines Beteiligten durch das Gericht (siehe auch Rdn 192 ff.).[162]

 

Rz. 155

Nach einem unanfechtbaren Beschluss des OVG/VGH, der im Verfahren nach §§ 80, 80a VwGO ergangen ist, ist allerdings nach § 80 Abs. 7 VwGO jederzeit eine Änderung oder Aufhebung möglich. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen (§ 80 Abs. 7 VwGO).[163]

 

Rz. 156

Gegen Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten ist nach § 151 VwGO innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung des Gerichts Antrag auf Entscheidung des Gerichts (Erinnerung) möglich. §§ 147149 VwGO gelten entsprechend. Insbesondere ist hier die Erinnerung gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse (vgl. §§ 164, 165 VwGO) zu nennen. § 152 VwGO gilt im Verfahren vor dem BVerwG entsprechend (§ 152 Abs. 2 VwGO).

Gegen eine im ersten Rechtszug ergangene Entscheidung des Gerichts über die Erinnerung findet unter den Voraussetzungen des § 146 VwGO die Beschwerde statt.[164]

[159] Kopp/Schenke, § 150 Rn 5, vor § 124 Rn 8a m.w.N.; Schmidt, Die außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzeswidrigkeit im Verwaltungsprozess, NVwZ 2003, 425.
[160] 2 B 90/04, NVwZ 2005, 232 = DVBl 2005, 254.
[161] BGBl I, 1887.
[162] Dazu Kopp/Schenke, § 150 Rn 5, vor § 124 Rn 9 ff. m.w.N.
[163] Dazu auch NdsOVG, Beschl. v. 11.12.2012 – 7 ME 131/12, zfs 2013, 117.
[164] Fehling/Kastner, Verwaltu...

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